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Bedeutsamer als der hallische Pietismus, der als aristokratische Bewegung überwiegend<br />

Einfluß auf die gebildeten Schichten der Adligen und Pfarrer nahm 14 , erwies<br />

sich für Livland das Herrnhutertum des Grafen Nikolaus Ludwig Zinzendorf, der es<br />

1733 zu einem Bruch mit dem orthodoxen Halle kommen ließ. Im Gegensatz zur<br />

hallischen Ausprägung und in Verachtung des pietistischen Bußkampfes und<br />

Heiligkeitsstrebens lehnte Zinzendorf jegliche natürliche Gotteserkenntnis und Moral<br />

ab und betonte die zentrale Stellung der Erlösung Christi und die alleinige<br />

Wirksamkeit der Gnade. Auf seinen Gütern in der Oberlausitz wollte er ein<br />

ökumenisches Kirchenideal verwirklichen, in dem die protestantische Religion nur<br />

noch als Tropen der einen Kirche gelten sollte 15 . Obwohl Zinzendorf die<br />

Herausbildung einer eigenen Brüderkirche zu verhindern suchte, konnte er sich nicht<br />

durchsetzen. Seine Ausweisung aus Sachsen und die Generalkonzessionen Friedrichs<br />

des Großen für Gründungen von schlesischen Gemeinen, die Anerkennung der<br />

Brüderunität als selbständige Kirche in England und seinen Kolonien 1749 und die<br />

Duldung als Verwandte der Augsburgischen Konfession vereinfachten die<br />

Herausbildung einer selbständigen Brüderkirche.<br />

3.3.) Herrnhut und Livland<br />

1736 reiste Zinzendorf zum ersten Mal nach Livland, um dort die Verkündigung und<br />

Seelsorge im Sinne der Herrnhuter zu befördern. Sein Ziel war es, den Aufbau eines<br />

einheimischen Lehrer- und Küsterstandes durch das Schullehrerseminar auf Wolmarshof,<br />

dem Besitz der Gräfin Magdalene Elisabeth von Hallart, zu fördern, das allerdings<br />

bereits 1743 wieder geschlossen wurde. Mit schlichten Predigten und der<br />

Verbreitung eines umfangreichen Liedguts suchte Zinzendorf - unterstützt von<br />

livländischen Adligen - bewußt die Nähe zu den leibeigenen Bauern und bewirkte<br />

eine stürmische Ausbreitung des Herrnhutertums unter den Esten und Letten, was<br />

durch die überwiegend rationalistische Einstellung der lutherischen Pastoren und ihre<br />

14 Vgl. G. Philipp, Die Wirksamkeit der Herrnhuter Brüdergemeine unter den Esten und Letten zur<br />

Zeit der Bauernbefreiung (vom Ausgang des 18. bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts)<br />

[Forschungen zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 5], Köln-Wien 1974, S. 110,<br />

151, 224, 325 der die Emanzipationsbestrebungen der Esten und Letten im 19. Jahrhundert dem<br />

Wirken der Herrnhuter zuschreibt und betont, daß „Zinzendorf und die Brüdergemeine in hohem<br />

Maße einen ostdeutschen Frömmigkeitstypus verkörperten.“, (S. 224), ebenso: G. Meyer, Zinzendorf<br />

als Vertreter des ostdeutsch-schlesischen Frömmigkeitstypus. In: JB der schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

zu Breslau, Bd. 5, Würzburg 1960, S. 67, 75f. u. S. 81; O. Webermann, Pietismus<br />

und Brüdergemeine, S. 153.

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