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4.8.) Stadtgeschichte Dorpats 152<br />

Über den Anfang der Stadt Dorpat unterrichten die Quellen nur unzureichend und so<br />

muß sich Gadebusch mit einer lückenhaften Überlieferung begnügen, aus der nicht<br />

klar hervorgeht, wann sich die Verfassung mit Rat und bischöflichem Vogt an der<br />

Spitze sowie den Gilden, die erst für das Jahr 1327 erwähnt werden 226 ,<br />

herausgebildet hat. Über die Stadtbürger schweigen die Quellen ganz.<br />

Die Stadtgeschichte Dorpats - und in geringerem Umfange auch diejenige Rigas - ist<br />

für Gadebusch ein methodischer Zugang, aus der Geschichte das Werden einer<br />

Identität 227 bestimmter Gruppen zu konstruieren. Sein Interesse an ihr erwächst aus<br />

dem Wunsch, den Weg nachzuzeichnen, der zu dem zeitgenössischen<br />

Entwicklungsstand der Stadtrechte und dem der städtischen Verwaltungsstrukturen<br />

geführt hat und so seine Zeitgenossen zur Bewahrung und Förderung des<br />

Gemeinwesens anzuleiten. Trotz seiner Vorbehalte den Bestrebungen der in Gilden<br />

organisierten Stadtbürger gegenüber teilt Gadebusch die grundsätzliche Zuversicht<br />

des 18. Jahrhunderts, daß eine aktive Teilnahme der Stadtbürger an der Gestaltung<br />

und Verwaltung des Gemeinwesens ihren beklagten Egoismus in Verantwortung<br />

wandeln werde. So spiegeln seine Betrachtungen der Stadtentwicklung die im 18.<br />

Jahrhundert wirksamen merkantilistischen Tendenzen wider, mit der Publikation<br />

statistischer Daten (Lebensmittelpreise, Größe des Rats und der Gilden sowie<br />

Einwohnerzahlen) die wirtschaftlichen Bestrebungen der Städte und ihrer Bürger zu<br />

fördern.<br />

Dorpat war im 18. Jahrhundert eine aus ihren mittelalterlichen Antrieben heraus lebende<br />

Stadt, deren Entwicklung bis in die Mitte der 70er Jahre stagnierte und so ist<br />

es nur konsequent, daß Gadebusch seine Aufmerksamkeit überwiegend der<br />

mittelalterlichen Stadtgeschichte zuwendet 228 . Daher sucht er in dem Rats- und<br />

Stadtarchiv nach alten Zunftordnungen und Aufzeichnungen der Stadtverfassungen<br />

und paraphrasiert sie in den ‘Jahrbücher[n]’ oder druckt sie vollständig ab. Sein<br />

historisches Interesse ist auf die Entstehungsgeschichte von Institutionen und<br />

Rechtsgebräuchen der Stadt gerichtet, die Bestand bis in seine Gegenwart haben, was<br />

seine retrospektivische Herangehensweise an die Vergangenheit verdeutlicht. Auch<br />

auf dem Gebiet der Stadtgeschichte ist seine Forschung genetisch orientiert, von<br />

Interesse sind die fortschreitende Differenzierung und die Individualisierung von<br />

226 Vgl. G. v. Rauch, Stadt und Bistum, S. 579.<br />

227 Der Begriff der Identität und seine Bedeutung für Gadebusch wird in den Kapiteln 8.1.) und 10.5.)<br />

näher betrachtet.

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