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365<br />

9.) Aufklärung<br />

9.1.) Die Zeit der Aufklärung in Livland<br />

Aufklärerische Strömungen in Livland sind als historisches Phänomen nicht ohne<br />

weiteres in den Rahmen einer eindeutigen Definition zu zwängen und können nur<br />

aus Beschreibungen ihrer vielfältigen und oft widersprüchlichen<br />

Erscheinungsformen begriffen werden. Dennoch wird im Rahmen dieser Arbeit<br />

davon ausgegangen, daß ein Gebrauch als Epochenbegriff für Livland sinnvoll ist<br />

und das Phänomen „Aufklärung“ als vorherrschende geistige Bewegung hinreichend<br />

deutlich bestimmt werden kann. Im folgenden soll es jedoch nicht um eine Deutung<br />

und Diskussion des komplexen Phänomens gehen; vielmehr sollen einige typische<br />

Ausprägungen betrachtet werden, die in den Ostseeprovinzen Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts Verbreitung fanden.<br />

Das Einströmen aufklärerischen Gedankenguts konzentrierte sich in den russischen<br />

Ostseeprovinzen auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ende des Jahrhunderts<br />

wurden Einflüsse des deutschen Idealismus maßgeblich, die bis in die ersten Jahrzehnte<br />

des folgenden Jahrhunderts hinein wirkten<br />

1 . Aufklärung ist kein<br />

„Eigengewächs“ des Landes 2 , sondern wurde von Strömungen aus Frankreich und<br />

Deutschland geformt und von Einwanderern als Bildungsgut vermittelt. Die<br />

politische Ordnung des Landes ließen die Aufklärer zum überwiegenden Teil<br />

unangetastet und erkannten - mit Ausnahme J.G. Hamanns - den staatlichen Rahmen<br />

bedingungslos an. Katharina II. bemühte sich, französisches Gedankengut für ihre<br />

Politik nutzbar zu machen, in der Praxis waren allerdings Einflüsse aus Deutschland<br />

beherrschend, da von hier die meisten Einwanderer kamen. Im Unterschied zu<br />

Frankreich und England kann man für Livland von einer „undichten<br />

Kulturlandschaft“ 3 sprechen, da das Land nur wenig ausgeformte geistige Zentren<br />

und Kreise besaß, die relativ weit voneinander entfernt lagen. Erhebliche Bedeutung<br />

kam einerseits Riga mit dem Lyzeum und der Domschule zu, an der J.G. Herder von<br />

1764 bis 1769 wirkte, und andererseits Dorpat. Hier sammelte sich ein kleiner Kreis<br />

aufklärerisch Gesinnter um Gadebusch, den Pastor und Dichter Th. Oldekop und den<br />

Philologen und Rektor J.M. Hehn. Der Dorpater Kreis war streng konservativ und<br />

1 Vgl. G. von Rauch, Der Rigaer Prophetenclub. In: Kulturbeziehungen in Mittel- und Osteuropa im<br />

18. und 19. Jahrhundert. Festschrift für Heinz Ischreyt zum 65. Geburtstag, hg. von W. Kessler / H.<br />

Rietz / G. Robel, Berlin 1982, S. 233.<br />

2 H. Graubner, Spätaufklärer im aufgeklärten Riga: Hamann und Herder. In: ZfO, 43 (1994), S. 519.

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