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Download - Baltische Historische Kommission

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297<br />

Balken den Embach herabflößten und diese an einem bestimmten Ort am Ufer<br />

stecken blieben. Einige sahen dies als gutes Omen für eine Stadtgründung an, andere<br />

trieben mit den Worten „Dar bet“ (nach Kelch, als „niedersächsische Worte“ mit der<br />

Bedeutung „Dort weiter“), zur Weiterfahrt. Gadebusch verwirft die Erklärung mit<br />

dem Hinweis auf die vorherige Existenz eines Schlosses mit dem Namen Tarbat.<br />

Überzeugender erscheint ihm der auf Heinrich von Lettland zurückgehende Verweis<br />

auf den estnischen Gott „Tharapita“ - die Diskussion um dessen Verwandtschaft mit<br />

„Thor“ kann hier beiseite gelassen werden 27 - und der Hinweis auf den<br />

Sprachgebrauch der Esten, die die Stadt „Tarto Lin“ nannten. Als unhistorisch wird<br />

die falsche Etymologie „Tartu“ mit den Tartarn zurückgewiesen:<br />

„Ich weiß nicht, habe ichs gelesen, oder gehöret, daß Tarto die Stadt der Tartarn<br />

(Tatarn) bedeute, weil diese zu der Zeit [1211, C.K.] die Oberherren der Russen gewesen<br />

wären, als sie Dörpat erbauet. Solches ist aber der Geschichte zuwider und<br />

braucht keiner Widerlegung.“ 28<br />

Auch Quellen - in diesem Fall der Kirchholmsche Vertrag von 1452 - können Bestimmungen<br />

enthalten, die „der Geschichte gänzlich zuwider“ sind. Der zwischen<br />

dem Meister des Livländischen Ordens und dem Erzbischof von Riga geschlossene<br />

Vertrag regelte die umstrittene Vorherrschaft über die Stadt Riga dahingehend, daß<br />

beide Parteien Rechte über die Stadt erhielten und die Stadt dem Orden gegenüber<br />

zur Heeresfolge verpflichtet wurde. Der Ordensmeister gab in den Vorverhandlungen<br />

zu bedenken, die Stadt würde die Bestimmungen nicht akzeptieren, da sie seit über<br />

hundert Jahren nicht mehr dem Erzbischof gehuldigt habe, was Gadebusch als „der<br />

Geschichte zuwider“ mit dem Hinweis ablehnt, der Orden habe sowohl die<br />

Erzbischöfe als auch die Stadt stets zu Unrecht bedrängt, wie man aus der Geschichte<br />

wisse 29 .<br />

Grundlage für Gadebuschs Erklärungsmodelle ist das Aufdecken der Ursache-Wirkung-Beziehung,<br />

die historisches Geschehen „erhellt“. Ein Ereignis „erklären“ heißt<br />

für ihn nachweisen, wieso es notwendigerweise eintreten mußte. In seinem steten Suchen<br />

nach Begründungen verdeutlicht sich die Auffassung von Geschichte als einem<br />

Stelle einer altestnischen Opferstätte eine Burg nachweisbar ist, vgl. G. von Rauch, Stadt und Bistum<br />

Dorpat, S. 578.<br />

27 Vgl. Heinrich von Lettland, Chronicon Livoniae, XXIV, 5, [FrhvSt, Bd. 24, S. 263]; J.D. Gruber,<br />

Origines Livoniae, S. 149; J.G. Arndt, Der Liefländischen Chronik Erster Theil, S. 165f.<br />

28 Gadebusch, Jahrbücher I1, § 29, S. 86, Anm. q); ebenso zu der These, Livland sei erst durch die<br />

Hansekaufleute von Deutschen besiedelt und bekehrt worden, vgl. Rez. Erläuterungen zum Verstande<br />

der Schiffahrt und des Seekrieges, S. 196f.<br />

29 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher I2, § 50, S. 137.

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