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professionellen Diskretion des Geschichtsschreibers zusammensetzt, wendet sich<br />

Gadebusch gegen Historiker, die ihre Zielsetzungen ganz bewußt über die<br />

Geschichtsschreibung zur Geltung bringen wollten. Mitte des 18. Jahrhunderts waren<br />

dies in erster Linie Geschichtsschreiber, deren Werke von religiösen Tendenzen<br />

durchzogen sind, wie sie potenziert in T. Bredenbachs ‘Historia Belli Livonici’<br />

auftreten. Sozialpolitische Strömungen werden in der von Gadebusch<br />

herangezogenen landesgeschichtlichen Literatur noch nicht so evident. Als eine<br />

weitere Bedeutungskomponente historischer Objektivität erscheint ihm die<br />

Unparteilichkeit als essentielles Grundprinzip jedes Historiographen, das er in dem<br />

Vorgang des Erzählens erweisen muß. Geschichtsschreibung aus dem geistlichen<br />

Umfeld - besonders aus dem katholischen und jesuitischen - lehnt er als tendenziös<br />

ab, das Heranziehen eines katholischen („papistischen“) Historikers bedarf stets<br />

einer speziellen Begründung:<br />

„Wie die Polacken und Litthauer sich auf diesem Marsche [eines polnischlitauischen<br />

Heeres unter Sigismund III. 1601 gegen den in Livland stehenden Herzog<br />

von Södermannland, C.K.] betragen haben, will ich mit den Worten eines<br />

katholischen aber aufrichtigen Geschichtschreibers erzählen.“ 100 ,<br />

in diesem Fall bezogen auf den französischen Historiker J. A. de Thou, der die von<br />

dem polnisch-litauischen Heer begangenen Grausamkeiten an den Einwohnern schildert.<br />

Noch stärkere Vorbehalte empfindet Gadebusch dem polnischen Theologen und<br />

Historiographen Paul Piasecki gegenüber, den er in der Literatur dem Vorwurf<br />

ausgesetzt sah, er schreibe „Fabeln“ und fälle aus religiösem Antrieb heraus<br />

„ungleiche Urtheile“. In seiner Abhandlung über den böhmischen Grafen Heinrich<br />

Matthias von Thurn, der seit 1588 in Diensten der Habsburger gestanden hatte und<br />

als General das ständische Heer nach dem Prager Fenstersturz gegen den Kaiser<br />

führte, zitiert Gadebusch eine Passage aus Piaseckis Chronik, „die desto<br />

merkwürdiger ist, weil sie aus der Feder eines katholischen Bischofes geflossen ist,<br />

und der Unpartheylichkeit dieses Geschichtschreibers Ehre macht.“ 101 Piasecki<br />

bedauert in ihr, daß den Böhmen in Majestätsbriefen der Habsburger ausdrücklich<br />

100 Gadebusch, Jahrbücher II2, § 106, S. 263, Anm. y); J.A. de Thou, Historiarum sui temporis opera,<br />

2 T., Frankfurt 1609 u. 1610.<br />

101 Gadebusch, Versuche, Bd. 1, St. 2, S. 125 Anm. ** mit falschen Seitenangaben; vgl Abhandlung,<br />

§ 49, S. 99: „Hartknoch und Becmann haben ihm seine Liebe zu Fabeln, seine Unzuverlässigkeit und<br />

seine ungleiche Urtheile von denen Leuten, die nicht zu seinem Volke oder zu seiner Religion gehören,<br />

vorgeworfen. Dem sey wie ihm wolle, ein Livländer thut wohl, wenn er denselben anschaffet, wo<br />

er ihn haben kann.“; Paul Piasecki, Chronica gestorum in Europa singularium ab anno 1571 usque ad<br />

annum 1645, Krakau 1645.

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