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276<br />

(vgl. Kapitel 4: „Interpretazione delle Leggi“). Im Gegensatz zu Gadebusch, der für<br />

Billigkeitsentscheidungen seitens der Richter plädiert, beschränkt die Zarin die Zuständigkeit<br />

der Richter im Sinne Beccarias auf die reine Handhabung der Gesetze<br />

(‘Nakaz’, Kapitel 9, § 98). Beccarias Ablehnung der Todesstrafe als Krieg des<br />

ganzen Volkes gegen einzelne 145 wird von der Zarin im Paragraph 210 des ‘Nakaz’<br />

übernommen, ebenso seine Ablehnung der Folter.<br />

Neben den ungleich bedeutenderen philosophischen und juristischen Einflüssen<br />

Montesquieus und Beccarias lassen sich im ‘Nakaz’ auch solche kameralistischer<br />

Schriften feststellen, aus denen die Zarin Leitideen für Policey- und<br />

Finanzververwaltung zog. Justis Bedeutung auf dem Gebiet des Kameralismus ist<br />

unbestritten, die Zarin nahm seine Gedanken im ‘Nakaz’ in den Kapiteln über Stadt,<br />

Bürger und Handel (13, 16, 17) auf, ließ allerdings Überlegungen zur Teilung der<br />

Gewalten beiseite. Den Zweck des Staates umschreibt Justi mit einem Schlagwort<br />

des aufgeklärten Zeitalters: der „allgemeinen Glückseligkeit“ 146 . Der Terminus wird<br />

in seinem ‘Grundriss’ inhaltlich sowohl mit den beiden Haupteigenschaften<br />

Sicherheit und Reichtum als auch mit den Begriffen der inneren und äußeren<br />

Sicherheit sowie denen der politischen und bürgerlichen Freiheit gefüllt. Von der<br />

Kernthese der Grundgewalt eines jeden Volkes (§ 27 und § 47) ausgehend, nach der<br />

dieses Grundgesetze erläßt und eine Regierung einsetzt, charakterisiert Justi den<br />

Vorgang der Gesetzgebung als Offenbarung des Willens des gesamten Staates und<br />

fordert die Erarbeitung von Regeln, die dem Zweck des Staates gemäß sind:<br />

„Die aus diesem Endzwecke und der Natur des Staats entstehenden nothwendigen<br />

Verhältnisse und Regeln zu bestimmen und vestzusetzen, oder die zur Glückseligkeit<br />

des Staats erforderlichen Maasregeln und Entschließungen zu ergreifen; das ist der<br />

Begriff, den man unter der Gesetzgebung verstehen muß; und daraus bestehet das<br />

erste große Hauptgeschäffte der obersten Gewalt.“ 147<br />

J. Sonnenfels dagegen tritt in seinen Werken als Verfechter der absoluten Monarchie<br />

145 Vgl. C. Beccaria, Dei delitti e delle pene, § 27, S. 74: „Non é dunque la pena di Morte und Diritto,<br />

mentre ho dimonstrato che tale, essere non può; ma è un guerra della Nazione con un Cittadino,<br />

perchè giudica necessaria, o utile la distrizione del suo Essere.“ [„Daher ist die Todesstrafe kein<br />

Recht, wie ich es bewiesen habe, daß sie es nicht sein kann; aber sie ist ein Krieg der Nation mit<br />

einem einzelnen Bürger, den zu richten sie für notwendig oder dessen Auslöschung sie für nützlich<br />

hält.“, C.K.]<br />

146 Zu seiner Lehre von der allgemeinen Glückseligkeit als Zweck des Staates vgl. Der Grundriss<br />

einer Guten Regierung in fünf Büchern verfasset, Frankfurt und Leipzig 1759, B. 1, St. 2: „Auf was<br />

vor Endzweck sich die Menschen in Staaten oder Republiken begeben haben.“<br />

147 J.H.G. von Justi, Grundriss, § 138 (S. 155).

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