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Download - Baltische Historische Kommission

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334<br />

7.7.) Gadebuschs Rechtsbegriff und die Frage nach einer den livländischen<br />

Ständen gemeinsamen Verfassung<br />

Die Beschäftigung mit dem Recht erscheint als wichtigster Bestandteil im Weltbild<br />

Gadebuschs, in dem die stetige Auseinandersetzung mit dem Gedankengut der Aufklärer<br />

besonders signifikant wird. Während die Aufklärer in systembezogenem Denken<br />

zu idealtypischen Aussagen gelangten und daraus Schlußfolgerungen für die<br />

Beurteilung konkreter Einzelfragen zogen, ist Gadebuschs Rechtsdenken vor allem<br />

kasuistisch, d.h. er löst sich nur selten von den einzelnen Tatbeständen, um ansatzweise<br />

Aussagen über allgemeine strafrechtliche Fragen zu wagen. An der Schwelle<br />

vom Gewohnheitsrecht zum Gesetz stehend, ist für ihn das historisch nachweisbare<br />

positive Recht verbindlich, allgemeine und deduzierte Rechtssätze haben für ihn auf<br />

dem Gebiet des Landesrechts keine Bedeutung. Das betrachtete livländische Rechtswesen<br />

ist nicht durch intellektuell und rational geleitete juristisch-konstruktive Methodik,<br />

sondern durch Rechtstradition und Wahrung von Rechtsordnungen charakterisiert,<br />

die nicht immer eine klare Begrifflichkeit enthalten. So steht der Begriff<br />

„Gesetz“ wenig konturenscharf sowohl als Zusammenfassung für einseitige Verordnungen<br />

wie Privilegien, Mandate, Edikte, Reskripte als auch für individuelle<br />

Regelungen und Anordnungen. Der Terminus der „Rechte“ umfaßt die<br />

Landesfreiheiten, die den Landständen durch Übereinkünfte mit dem jeweiligen<br />

Landesherren in Verträgen, Vergleichen, Resolutionen, Reskripten, Huldigungs-<br />

Reversalien und Akkorden eingeräumt worden waren. Gadebusch konzentriert sich<br />

in seinen Schriften auf die Betrachtung zivil-, straf- und policeyrechtlicher Fragen,<br />

der Bereich des Verwaltungsrechts spielt eine geringe Rolle. Spezifisch für die<br />

Rechtsauffassung des 18. Jahrhunderts ist seine Vermischung von öffentlichrechtlicher<br />

und privatrechtlicher Anschauung. In allen Schriften und ebenso in den<br />

Äußerungen über seine praktische Tätigkeit als Jurist zeigt sich, daß er eine<br />

philosophische Fundierung des Rechts ablehnt und keinerlei methodische Ansätze zu<br />

einer Systematisierung des Landesrechts entwickelt. Seine Beschränkung auf<br />

praktische Rechtsfälle und das volkstümliche Recht in Kenntnis des Römischen<br />

Rechts, das ihm zufolge häufig mit dem Naturrecht des 18. Jahrhunderts<br />

übereinstimmt, führt dazu, daß er zu seiner Zeit existente systematische Ansätze<br />

129 Vgl. Brief J.M. Hehns vom 27. Juni 1783, vgl. Briefsammlung Gadebusch, V, Nr. 270; Briefe des<br />

Rigaer Handelshauses Möller und Weitzenbreyer vom 22. u. 26. August 1783, V. Nr. 295 u. 296.

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