10.12.2012 Aufrufe

Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hausbesuche fördern stabile Bindungen <strong>und</strong> Ressourcen der<br />

Familien während einer tagesklinischen Behandlung<br />

Gamal Abedi, Markus Schwarz, Rita Schwahn, Maike Pellarin, Jochen Germann<br />

Philosophie von Hausbesuchen<br />

Die Praxis von Hausbesuchen innerhalb der psychiatrischen Versorgung lässt<br />

sich früh belegen. So wurde sie 1884 im rasch expandierenden, industrialisierten<br />

Berlin des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts als Familienpflege etabliert. Quasi als Vorläufer<br />

der heutigen sozialpsychiatrischen Arbeit wurde nach dem 1. Weltkrieg die<br />

sog. `offene Irrenfürsorge` als aufsuchende psychiatrische Hilfe konzipiert.<br />

Gustav Kolb (1870 bis 1938) führte dann die psychiatrische Familienpflege ein<br />

<strong>und</strong> baute in Erlangen ein System der offenen, gemeindenahen psychiatrischen<br />

`Fürsorge` auf [3]. Dazu gehörte die berufliche <strong>und</strong> soziale Wiedereingliederung<br />

der aus den Anstalten entlassenen Patienten mittels aufsuchender<br />

Hilfen. Kolb formulierte als Anforderung an einen psychiatrischen Hausbesuch<br />

u.a., dass (1.) sichergestellt sein sollte, dass sie nicht dem Ruf <strong>und</strong> Zustand des<br />

Patienten schadeten, (2.) der „Hausbesucher“ bereit sein sollte, in kleinen<br />

Schritten behutsam vorzugehen <strong>und</strong> (3.) er als Arzt <strong>und</strong> Berater, nicht aber als<br />

Beamter bzw. Kontrolleur, auftreten sollte. Dies illustriert das Spannungsfeld<br />

zwischen wertschätzend-fördernder Arbeit im Lebensumfeld der Betroffenen<br />

<strong>und</strong> kustodialem Schutz, zeigt aber auch den Interventionsbedarf bei einer<br />

Gefährdung des Wohls der Klienten. Auch in der Marlborough-Familien-<br />

Tagesklinik in London, die als ein bedeutsames Modell für weitere ambulante<br />

<strong>und</strong> teilstationäre Entwicklungen dient, werden die Familien eng durch Hospitationen<br />

<strong>und</strong> eben auch Hausbesuche in die Behandlung einbezogen [1]. Die<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen sollten so in ihrem sozialen Umfeld integriert bleiben.<br />

Eine aufsuchende, multisystemische Therapie hat sich insbesondere für die<br />

Behandlung von Familien mit kumulierten psychosozialen Risiken als effektiv,<br />

wenn auch ressourcenaufwendig erwiesen [6]. In einem `continuum of care`,<br />

d.h. mit ambulanten, teil- <strong>und</strong> vollstationären Behandlungsangeboten, können<br />

Hausbesuche ferner die poststationäre Behandlung effektiv unterstützen,<br />

134

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!