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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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Ges<strong>und</strong>ung als Prozess<br />

Danach stelle ich eine qualitative Studie der amerikanischen Forscherin Ruth<br />

Ralph vor [] (Ralph, 1999, zit. nach Amering & Schmolke, 2007). In dieser Studie<br />

wurden Ges<strong>und</strong>ungswege von verschiedenen Menschen untersucht. Ralph<br />

zeigt auf, dass Ges<strong>und</strong>ungswege über verschiedene Stationen verlaufen können.<br />

Von der Angst <strong>und</strong> Verzweiflung über das Bewusstwerden - das auch als<br />

Erwachen bezeichnet werden kann - zur Erkenntnis, dass Ges<strong>und</strong>ung möglich<br />

ist, weiter zur Planung, dem entschiedenen Engagement für die eigene Ges<strong>und</strong>ung<br />

<strong>und</strong> schließlich zum Wohlbefinden. Ich erzähle nun von meinem Ges<strong>und</strong>ungsweg,<br />

beschreibe die verschiedenen Stationen auf diesem Weg, von der<br />

Verzweiflung, als ich überhaupt keine Zuversicht mehr hatte, dass es noch<br />

einmal besser wird, bis zum Wohlbefinden. Anhand einer Kordel, die ich auf<br />

den Boden lege, versuche ich die Höhen <strong>und</strong> Tiefen dieses Weges zu verdeutlichen.<br />

Was hat mir geholfen, was hat mich gehindert zu ges<strong>und</strong>en? Mein Erwachen<br />

betone ich besonders, denn es ist ein wichtiger Punkt auf meinem Ges<strong>und</strong>ungsweg.<br />

An diesem Punkt merkte ich, dass ich selbst etwas tun muss,<br />

um ges<strong>und</strong> zu werden. Wenn ich nicht selbst Entscheidungen treffe, tun es<br />

andere für mich. Ich realisierte, dass ich die Verantwortung für mein Leben<br />

trage <strong>und</strong> das Zepter in die eigene Hand nehmen muss. Das war ein wichtiger<br />

Wendepunkt in meinem Leben. Erst diese Erkenntnis ermöglichte es mir, aus<br />

der Drehtürpsychiatrie „auszusteigen“.<br />

Danach erzählt meine Kollegin von ihrem Erwachen <strong>und</strong> fordert die Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer auf, sich zu überlegen, ob ihnen etwas zum Stichwort<br />

Erwachen oder einer anderen Station des Ges<strong>und</strong>ungsweges einfällt.<br />

Wer möchte, kann sich etwas dazu aufschreiben. Wir spielen sanfte Musik ab<br />

<strong>und</strong> die Teilnehmer notieren fleißig. Danach äußern sich einige Teilnehmer zu<br />

ihrem Erwachen. Die Aussage des Teilnehmers, den ich aus der Klinik kenne,<br />

der mich betreute auf der Aufnahmestation, beeindruckt mich tief. Erst einmal<br />

macht es mich sehr betroffen, als er erzählt, dass er Fachperson <strong>und</strong> Erfahrener<br />

sei <strong>und</strong> an einer Depression leide. Danach sagt er, dass er glaube, heute<br />

sein Erwachen gehabt zu haben. Er glaube jetzt, dass Ges<strong>und</strong>ung möglich sei.<br />

Wir seien sehr authentisch rübergekommen <strong>und</strong> hätten ihm Mut gemacht. Es<br />

war eine sehr erfolgreiche erste Veranstaltung. Auf dem Heimweg scherze ich<br />

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