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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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jahrzehntelange Erfahrungen mit unseren <strong>psychische</strong>n Erkrankungen <strong>und</strong> dem<br />

psychiatrischen System. So gesehen könnte man Ex-In als Weiterbildung ansehen.<br />

Unsere eigentlichen Ausbildungen nennen sich Psychose, Borderline,<br />

Sucht, Schizophrenie, Depression usw.. Das sind die eigentlichen Lehrmeister<br />

<strong>und</strong> in ihnen befindet sich das Potential, um als DozentIn <strong>und</strong>/oder GenesungsbegleiterIn<br />

beruflich tätig zu sein. Ex-In fördert dieses Potential zu Tage<br />

<strong>und</strong> sagt ganz deutlich, dass wir Erfahrenen am besten wissen, was uns hilft<br />

<strong>und</strong> was nicht – <strong>und</strong> was daher auch anderen Betroffenen helfen kann. Ex-In<br />

sehe ich als eine gute Ergänzung zu professionellem Wissen, das die Universitäten<br />

lehren <strong>und</strong> über das die nichtbetroffenen Profis verfügen.<br />

Ich selbst bin Sucht- Psychose- <strong>und</strong> Depressionserfahren. Ich habe das nie als<br />

Kompetenz angesehen, sondern als Einschränkung, Handicap, Unbrauchbarkeit<br />

<strong>und</strong> vor der Gesellschaft besser geheim zu halten. Diese Einstellung hat<br />

zusätzlich zu meinen Leiderfahrungen, die aus den Erkrankungen resultieren,<br />

zu noch mehr Leid geführt, sprich zu einem Mangel an Selbstwertgefühl, zu<br />

Scham, dem Gefühl von Nutzlosigkeit <strong>und</strong> der Gesellschaft eine Belastung zu<br />

sein. Solch eine Art des Denkens <strong>und</strong> Fühlens ist nicht ges<strong>und</strong>heitsfördernd,<br />

sondern der beste Weg in die Depression. Niemand im Außen hat mich gelehrt<br />

oder mir nahe gebracht, dass das Erfahren von <strong>psychische</strong>n Erkrankungen zu<br />

einer speziellen Kompetenz führen kann, ja eine Kompetenz ist, die im Bereich<br />

der <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>sfürsorge der Gesellschaft zu Gute kommen kann <strong>und</strong> das auch<br />

sollte.<br />

Mein Leben sah so aus, dass ich planlos viele Jahre an der Universität Bremen<br />

studierte, ohne meinen Berufswunsch zu entdecken, ohne wirklich zu wissen,<br />

was ich beruflich wirklich will. Das Depressive blieb mein Begleiter <strong>und</strong> um mit<br />

diesen Gefühlen zurecht zu kommen habe ich immer mehr Alkohol konsumiert<br />

<strong>und</strong> wurde zum Alkoholiker. Zu guter letzt wurde ich psychotisch <strong>und</strong> anschließend<br />

so depressiv wie ich es noch nie in dem Ausmaße erlebt habe. Ich<br />

wurde richtig krank. Die Lebensweise, die ich mir angeeignet hatte, wie z.B.<br />

nicht über Gefühle <strong>und</strong> Befindlichkeiten zu sprechen, Frust zu schlucken, Konflikte<br />

zu meiden, fremdbestimmt statt selbstbestimmt zu handeln, es anderen<br />

statt mir selbst recht machen zu wollen, mich selbst zurück zu nehmen, Wut<br />

keinen Ausdruck zu verleihen, hat mich verrückt gemacht.<br />

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