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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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Beginnen wir innerhalb der Klinik AP II <strong>und</strong> stellen uns folgende Situation auf<br />

einer allgemeinpsychiatrischen Behandlungsstation vor:<br />

Es ist Montagvormittag. Die Oberarztvisite steht an, das Team der Station ist<br />

mit der Übergabe <strong>und</strong> der Aufarbeitung von Problemen des Wochenendes<br />

beschäftigt <strong>und</strong> gleichzeitig drängen zwei Patienten auf Entlassung. Der Hol-<br />

<strong>und</strong> Bringdienst wartet geduldig, um Patienten zum EKG zu begleiten <strong>und</strong><br />

Blutproben müssen in das Labor gebracht werden. Also ein ganz normaler<br />

Montagvormittag.<br />

Fast unbemerkt läuft Frau A. den Stationsgang auf <strong>und</strong> ab. Als ihre Schrittfrequenz<br />

zunimmt <strong>und</strong> sie auf Kontaktangebote ihrer Mitpatienten nicht eingeht,<br />

fällt dieses Verhalten einigen Teammitgliedern auf. Die Interpretation der<br />

<strong>Pflege</strong> zu diesem Zeitpunkt lautete: „Frau A. ist gespannt. Vielleicht hört sie<br />

wieder Stimmen?“. Diese Interpretation geht in die anschließende Übergabe<br />

an den nachfolgenden Dienst ein.<br />

Betrachten wir dieses Beispiel, verdeutlicht sich eine sofortige Verschränkung<br />

der beobachteten Phänomene mit der eigenen Interpretation von Seiten der<br />

<strong>Pflege</strong>nden.<br />

So halten Rahm et al. [3] innerhalb ihrer Einführung in die Integrative Therapie<br />

fest: „Unsere Wahrnehmung von Phänomenen ist immer mit Vorurteilen <strong>und</strong><br />

ungeprüften Interpretationen verschränkt“ [3:29].<br />

Unter dem Ansatz einer menschlichen Zuwendung mit dem Ziel, den Sinn der<br />

beobachteten Phänomene zu verstehen, gestaltete sich der weitere Kontakt<br />

zu Frau A. wie folgend.<br />

Mit der Beobachtung <strong>und</strong> eingeschlossener Interpretation, sowie der Frage:<br />

„Sie laufen recht zügig den Stationsgang auf <strong>und</strong> ab. Ihre Mitpatienten haben<br />

sie angesprochen ohne dass sie eine Reaktion zeigten. Ich habe den Eindruck,<br />

sie sind sehr angespannt“ ging man auf Frau A. zu. Diese schaute auf <strong>und</strong> antwortete:<br />

„Ach, sehe ich so aus? Das ist mir selbst nicht aufgefallen. Ich mache<br />

mir Gedanken um meine Familie. Sie wollten mich heute besuchen kommen<br />

<strong>und</strong> im Wetterbericht haben sie Glatteis angesagt“.<br />

Über weitere Gespräche am Mittag äußerte Frau A: „Wir wohnen im Odenwald.<br />

Sehr viele Straßen haben keinen Winterdienst. Ehe meiner Familie etwas<br />

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