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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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nicht, denn ich fühlte mich ja r<strong>und</strong>herum als Versager. Bei Ex-In war ich plötzlich<br />

unter Gleichgesinnten, die sich nicht aufgeben, die was aus sich machen<br />

wollen, die ihre Erfahrungen nicht brach liegen lassen, sondern nutzen wollen,<br />

die aus eigener Erfahrung heraus sagen: „ja, das kenne ich auch <strong>und</strong> ich will<br />

wie du mein Erfahrungswissen für mich <strong>und</strong> andere nutzen“.<br />

Die Idee, Betroffene, also die, die es wirklich betrifft, beruflich als Experten<br />

durch Erfahrung in das psychiatrische Netz mit einzubeziehen, sehe ich als<br />

eine große Chance zu positiver gesellschaftlicher <strong>und</strong> damit auch politischer<br />

Veränderung. <strong>Psychiatrische</strong> Erkrankungen nehmen rapide zu. Offensichtlich<br />

produziert unsere Gesellschaftsform mehr <strong>und</strong> mehr Leid. Nun kommen die<br />

“Verrückten“ mit ihrem Slogan des gleichnamigen Films über Ex-In (von Jürgen<br />

Köster) „Wer, wenn nicht wir - Psychiatrieerfahrene verändern die Psychiatrie!“.<br />

Bisher waren wir ausschließlich NutzerInnen dieses Systems, das letztendlich<br />

keine Heilung bewirkt hat, was die Statistiken über den rasanten<br />

Anstieg von <strong>psychische</strong>n Erkrankungen deutlich belegen. Jetzt wollen wir mit<br />

ÄrztInnen, <strong>Pflege</strong>personal, SozialarbeiterInnen kooperieren, auf gleicher Augenhöhe<br />

an der Verbesserung der <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>sfürsorge unserer Leidgenossen<br />

mitwirken. Wir nennen das in unserem Fachjargon “Empowerment“. Vor der<br />

Ausbildung war nicht klar, ob es anschließend auch Arbeitsmöglichkeiten für<br />

uns geben wird. Es gibt sie immer mehr. Viele sind freiberuflich als DozentIn<br />

tätig, eine Mitstreiterin hat eine 30 St<strong>und</strong>en Stelle in einem ambulant psychiatrischen<br />

Dienst, ein Ex-Inler steht kurz davor, als Betreuer auf 400 Euro<br />

Basis eingestellt zu werden <strong>und</strong> ich habe seit Juni 2008 eine 28 St<strong>und</strong>en Stelle<br />

als Genesungsbegleiter.<br />

Der wichtigste Gr<strong>und</strong>pfeiler der Ex-In Philosophie ist für mich gelebtes, angewandtes<br />

<strong>Recovery</strong>. <strong>Recovery</strong> bedeutet übersetzt ungefähr Genesung, Wiedererlangung<br />

der <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>. Es ist ein zentraler Ansatz der Ausbildung <strong>und</strong> steht<br />

der klassischen Psychiatrie, die den Schwerpunkt der Behandlung zumeist auf<br />

Medikation <strong>und</strong> Symptomminderung legt, fortschrittlich gegenüber. <strong>Recovery</strong><br />

zielt auf ein zufriedenes, erfülltes Leben mit vollständiger gesellschaftlicher<br />

Integration ab. Ein zufriedenes Leben ist für alle Betroffene möglich, manchmal<br />

sogar völlige Genesung. Hoffnung wird als Voraussetzung <strong>und</strong> wichtiger<br />

Entwicklungsschritt für <strong>Recovery</strong> verstanden <strong>und</strong> gefördert. Alle Hilfen, die das<br />

Wohlbefinden <strong>und</strong> die individuelle Bewältigung der Erkrankung fördern,<br />

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