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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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eingezogen bin, hat mein zukünftiger Nachbar fre<strong>und</strong>lich seine Hilfe angeboten,<br />

als ich meine Sachen in den dritten Stock schleppte. Ich habe abgelehnt<br />

<strong>und</strong> hätte mich ohrfeigen können. Vor einiger Zeit hat er mir wieder einmal<br />

angeboten, etwas nach oben zu tragen. Ich habe ihn, wenn auch mit schlechtem<br />

Gewissen, schleppen lassen. Neulich habe ich ihn dann gefragt, ob er mir<br />

helfen würde mein Fahrrad aus dem Auto auszuladen. Später hat er mir erzählt,<br />

dass er es gerne getan habe. Er tut ebenso gerne etwas für andere wie<br />

ich, das hat er mir verraten <strong>und</strong> ich fand es eigentlich ganz logisch. Es war mir<br />

nur bisher immer unangenehm, etwas ohne eine prompte Gegenleistung anzunehmen.<br />

Aber inzwischen kann ich das ganz vor mir verantworten.<br />

… trialogische Auseinandersetzung über Borderline.<br />

In meinem <strong>Recovery</strong>-Prozess war <strong>und</strong> ist mir ein gleichberechtigter Austausch<br />

zwischen Betroffenen, Angehörigen <strong>und</strong> Fachleuten wichtig. Ich finde es gut,<br />

sich Borderline von allen Seiten anzuschauen. Mir ist es wichtig von Fachleuten<br />

<strong>und</strong> Angehörigen zu erfahren, welche Schwierigkeiten für sie im Kontakt<br />

mit Borderline-Betroffenen entstehen <strong>und</strong> was für sie interessant oder auch<br />

schön ist. Und ich freue mich, wenn Fachleute oder Angehörige mich nach<br />

meinem Erfahrungswissen fragen.<br />

… die eigene Sprache zu hinterfragen.<br />

Vor längerer Zeit bin ich nach einem Vortrag, bei dem ich von meinen Erfahrungen<br />

mit Borderline erzählt habe, darauf hingewiesen worden, dass ich sehr<br />

viele Fachwörter verwende. Ich tue dies in der Tat, <strong>und</strong> ich habe mir Gedanken<br />

darüber gemacht, warum das so ist.<br />

Ich glaube, dass Sprache ein guter Indikator für gemachte Erfahrungen ist.<br />

Viele Fachbegriffe, die ich mit großem Selbstverständnis verwende, habe ich in<br />

meiner Zeit als Patientin gelernt, weil sie in der Klinik selbstverständlicher Teil<br />

der Kommunikation zwischen Fachleuten <strong>und</strong> Behandelten waren. Ich denke,<br />

dass es wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass die eigene Sprache auch ein<br />

Ergebnis gelebter Erfahrungen ist, die es anzuerkennen gilt. Ich habe überlegt,<br />

ob es mir überhaupt noch gelingen würde, eine Sprache zu sprechen, in der<br />

ich ohne Fachbegriffe auskomme. Vielleicht ginge es. Aber ob diese Sprache<br />

dann authentischer wäre wage ich zu bezweifeln. Eine solche Sprache zu sprechen<br />

würde für mich bedeuten, dass ich wiederum Erfahrungen ausklammern<br />

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