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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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Wenn es geschafft ist die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen – dazu<br />

gibt es sowohl therapeutische Anregungen als auch Selbsthilfeideen – kann es<br />

in nächsten Schritten dann beispielsweise um die Versorgung eines Haustieres<br />

gehen, oder sich wieder st<strong>und</strong>enweise mit dem eigenen Kind zu beschäftigen,<br />

das vielleicht eine Zeitlang von einer <strong>Pflege</strong>familie (einer Art recovery-service)<br />

mitgetragen wird.<br />

Ich habe mich sehr gegen die Übernahme von Verantwortung gesträubt. Und<br />

ich habe sie stufenweise gelernt (inzwischen würde ich sie mir nicht mehr<br />

nehmen lassen). Rückblickend war dafür besonders das Buchprojekt der Kinder-<br />

<strong>und</strong> Jugendpsychiatrie hilfreich. Die Lesungen forderten von uns Betroffenen,<br />

dass wir pünktlich an einem bestimmten Ort erschienen, dass wir die<br />

Texte, die gelesen wurden, gemeinsam auswählten, <strong>und</strong> dass wir uns umeinander<br />

kümmerten, indem wir uns gegenseitig ermutigten. Später ging es<br />

darum, Lesungen selbständig zu organisieren, Honorarhandlungen zu führen<br />

<strong>und</strong> das Gelingen von Veranstaltungen eigenverantwortlich zu tragen. Es ist<br />

gelungen, zunächst mit recovery-service (den Herausgeberinnen), später<br />

selbstständig. Und was nicht ausblieb war natürlich der Stolz auf die eigene<br />

Leistung. Ein ziemlicher Beschleuniger von <strong>Recovery</strong>-Prozessen.<br />

(Eigen-)Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, bereit zu sein, Selbsthilfemöglichkeiten<br />

tatsächlich zu nutzen. Ich kann einen Notfallkoffer (einen<br />

Koffer mit Gegenständen <strong>und</strong> Anregungen, für den Umgang mit Krisensituationen)<br />

in der Ecke stehen haben <strong>und</strong> ihn einfach nicht beachten. Ebenso kann<br />

ich natürlich alle anderen Selbsthilfemöglichkeiten „in den Wind schießen“. Ich<br />

kann mich aber genauso gut entscheiden mein Selbsthilfepotential zu nutzen.<br />

<strong>Recovery</strong> heißt nicht, dass Selbsthilfe das einzige Mittel in jeder Situation ist.<br />

Es heißt nicht einmal, dass es nur konstruktive Selbsthilfemöglichkeiten sein<br />

müssen. Auch eine Selbstverletzung kann ein – wenn auch hilfloser – Selbsthilfeversuch<br />

sein, wenn sie beispielsweise etwas Schlimmeres wie einen Suizidversuch<br />

verhindert. Im Rahmen eines <strong>Recovery</strong>-Prozesses werden sich die<br />

Selbsthilfemöglichkeiten verändern <strong>und</strong> konstruktiv werden, hilflose Selbsthilfeversuche<br />

sind nur ein Teil des Gesamtprozesses.<br />

Für meinen <strong>Recovery</strong>-Prozess war auch die Fähigkeit wichtig, um Hilfe bitten<br />

zu können. Ich habe die Tendenz, oft alles alleine durchkämpfen zu wollen,<br />

jetzt, wo doch alle denken, dass ich „normal“ bin. Als ich in meine Wohnung<br />

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