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Psychiatrische Pflege, psychische Gesundheit und Recovery ...

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ein, an einem Folgeband des Buches mitzuschreiben, in dem Jugendliche aus<br />

der „Distanz der Ehemaligen“ (ebd.) über ihre Erfahrungen nach der Psychiatrie<br />

berichten würden.<br />

Damals fiel der Begriff <strong>Recovery</strong> nicht, weil er zu diesem Zeitpunkt im deutschsprachigen<br />

Raum nicht genutzt wurde. Im Buch wurden aber <strong>Recovery</strong>-<br />

Prozesse beschrieben <strong>und</strong> mit dem Buch machten wir als Autorinnen wiederum<br />

weitere Erfahrungen, auf Lesungen <strong>und</strong> mit Öffentlichkeitsarbeit, die – so<br />

kann ich es jedenfalls für meinen biographischen Prozess sagen – eine <strong>Recovery</strong>-Funktion<br />

hatten.<br />

Ich möchte an dieser Stelle den Begriff <strong>Recovery</strong> aus dem Blickwinkel der Erfahrungsperspektive<br />

betrachten. Mein elektronisches Wörterbuch bietet dazu<br />

verschiedene Definitionen an. Dabei ist Genesung/Erholung nur eine Definition.<br />

Übersetzt wird <strong>Recovery</strong> auch als Wiederfinden, Wiedergewinnen, Wiedererlangen<br />

<strong>und</strong> Zurückbekommen. Das finde ich gelungen, denn im Rahmen<br />

meines <strong>Recovery</strong>prozesses habe ich Eigenschaften wiedergef<strong>und</strong>en, die meine<br />

Individualität ausmachen, wie beispielsweise meinen Sinn für Humor. Neben<br />

der Übersetzung des Wortes wird mir im Wörterbuch noch angeboten past<br />

recovery was so viel bedeutet wie nicht mehr zu retten. Auch das war Teil<br />

meines <strong>Recovery</strong>prozesses, die Erfahrung zu machen, dass doch noch etwas zu<br />

retten ist, wenn nichts mehr zu retten scheint. Be on the road to recovery, auf<br />

dem Wege der Besserung sein ist ein Satz den ich lange Zeit gar nicht hätte<br />

hören wollen, war mir doch die Anerkennung von Leid so wichtig, <strong>und</strong> die<br />

verschwindet natürlich, wenn man sich auf dem Wege der Besserung befindet.<br />

Wirklich gut hat mir gefallen, dass es auch die Bezeichnung recovery service<br />

gibt, was soviel bedeutet wie Abschleppdienst, also sozusagen eine Art „Huckepack-Unterstützung“<br />

wenn nichts mehr geht. Ich bin mir sicher, wenn ich<br />

nicht hin <strong>und</strong> wieder in den Genuss des recovery service der professionell<br />

Helfenden <strong>und</strong> meiner Angehörigen gekommen wäre, dann wäre mein Weg<br />

der Besserung wahrscheinlich sehr viel schwieriger geworden, vielleicht auch<br />

unmöglich gewesen. Aber jeder weiß natürlich, dass sich abschleppen lassen<br />

teuer ist (abgeschleppt zu werden sowieso) <strong>und</strong> auch für Borderline-<br />

Betroffene ist der recovery service mit hohen Kosten verb<strong>und</strong>en, wenn auch<br />

nicht ausschließlich in einem finanziellen Sinne. Denn jedes Stück Weg, das<br />

Betroffene nicht selbstständig gegangen sind, müssen sie früher oder später<br />

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