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MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz

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174 <strong>MENSCHENRECHTE</strong> DER FRAU<br />

GESCHICHTE ZUR ILLUSTRATIoN<br />

Die Geschichte von<br />

Maria da Penha Maia Fernandes<br />

Am 29. Mai 1983 wurde Maria da Penha Maia<br />

Fernandes von ihrem Ehemann, Marco Antonio<br />

Heredia Viveiros, im Schlaf angeschossen.<br />

Sie überlebte glücklicherweise, trug aber ernste<br />

Verletzungen davon und litt neben anderen physischen<br />

und psychischen Traumata auch unter<br />

irreversibler Querschnittslähmung. Nur zwei Wochen,<br />

nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen<br />

worden war, versuchte sie ihr Ehemann<br />

zu durch einen Stromschlag zu töten, während<br />

sie ein Bad nahm. Nach diesem zweiten Anschlag<br />

legte das Büro des Staatsanwaltes eine<br />

Akte mit den gegen Herrn Viveiros erhobenen<br />

Anschuldigungen an. Es dauerte acht Jahre, bis<br />

das Bezirksgericht von Fortalezza zu einer Entscheidung<br />

kam. Am 4. Mai 1991 befanden die<br />

Geschworenen Herrn Viveiros der Körperverletzung<br />

und des versuchten Mordes für schuldig<br />

und verurteilten ihn zu zehn Jahren Gefängnis.<br />

Nach einer Berufung fand 1996 ein zweiter Prozess<br />

statt, in dem Herr Viveiros zu zehn Jahren<br />

und sechs Monaten Haft verurteilt wurde. Die<br />

Verteidigung erhob neuerlich Einspruch. Jedoch<br />

war es auf Grund der Verzögerungen im Rechtssystem<br />

nicht möglich, ein endgültiges Urteil über<br />

dieses Verbrechen zu fällen.<br />

Am 20. August 1998 stellten Maria da Penha<br />

Maia Fernandes, das Zentrum für Gerechtigkeit<br />

und Völkerrecht (CEJIL) und das Lateinamerikanische<br />

und Karibische Komitee für<br />

die Verteidigung der Frauenrechte (CLADEM)<br />

einen Antrag an die Inter-Amerikanische Kommission<br />

für Menschenrechte, in dem sie die Republik<br />

Brasilien beschuldigten, 15 Jahre lang<br />

keine wirkungsvollen Maßnahmen zur Verfolgung<br />

und Bestrafung Herrn Viveiros gesetzt<br />

zu haben. Verletzungen der folgenden Artikel<br />

wurden angeklagt: Art. 1 (1) (Verpflichtung<br />

der Achtung der Rechte), Art. 8 (Recht auf eine<br />

faires Verfahren), Art. 23 (Recht auf gleichen<br />

Schutz) und Art. 25 (Recht auf gerichtlichen<br />

Schutz) der Amerikanischen Konvention der<br />

Menschenrechte; Art. II und XVIII der Amerikanischen<br />

Erklärung der Rechte und Pflichten<br />

des Menschen; Art. 3, 4, 5 und 7 der Inter-<br />

Amerikanischen Konvention zur Prävention,<br />

Sanktionierung und Beseitigung der Gewalt gegen<br />

Frauen (Konvention von Belém do Pará).<br />

Wie in anderen Fällen kommentierte der Staat<br />

Brasilien diesen Antrag nicht. In ihrem Bericht<br />

vom 16. April 2001 befand die Inter-Amerikanische<br />

Kommission, dass Maria da Penha<br />

Maia Fernandes’ Recht auf ein faires Verfahren<br />

und gerichtlichen Schutz vom Staat Brasilien<br />

verletzt wurde. Als Ergebnis dieses Berichts<br />

wurde Herr Viveiros im Jahr 2002 dauerhaft<br />

inhaftiert, beinahe 20 Jahre, nachdem er erstmals<br />

versucht hatte, seine Frau zu töten.<br />

Diskussionsfragen<br />

1. Was sind die in dieser Geschichte angesprochenen<br />

Hauptthemen?<br />

2. Wie kann Gerechtigkeit geübt werden,<br />

wenn der Zugang zum Gericht und die Einhaltung<br />

der gesetzlichen Vorschriften zum<br />

Verfahrensablauf vom Geschlecht des opfers<br />

abhängig sind?<br />

3. Sind Gesetze und Verordnungen ausreichend,<br />

um gleiche Chancen für alle Menschen<br />

zu garantieren? Wodurch kann<br />

darüber hinaus die Gleichbehandlung von<br />

Mann und Frau gesichert werden?<br />

4. Können ähnliche Vorfälle verhindert werden?<br />

Überlegen Sie, welche Mechanismen<br />

auf lokaler, regionaler oder internationaler<br />

Ebene verwendet werden können, um dies<br />

zu erreichen.

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