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MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz

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Einige der asiatischen Sozialmodelle der Demokratie<br />

basieren auf Konzepten der Partizipation,<br />

die kaum etwas mit dem westlichen<br />

Verständnis von Demokratie zu tun haben.<br />

Statt auf der Idee der maximalen Freiheit der/<br />

des Einzelnen beruhen sie auf einer Art Gemeinschaftsorientierung<br />

und auf traditionellen<br />

Konzepten oligarchischer Herrschaft.<br />

Die meisten Demokratien beruhen jedoch weder<br />

auf der Verabsolutierung individueller Freiheiten<br />

noch auf dem Primat einer geordneten<br />

Gesellschaft. Kanada hält in seiner Verfassung<br />

„Frieden, Ordnung und gute Regierungsführung“<br />

hoch; die USA „Leben, Freiheit und das<br />

Streben nach Glück“. Asiatische Modelle widersprechen<br />

nicht unbedingt dem westlichen<br />

Verständnis von Partizipation und Demokratie.<br />

ostasiatische Modelle wie etwa jenes in Singapur<br />

und Malaysien sowie – zu einem geringeren<br />

Grade – jene von Südkorea und Japan<br />

– beruhen auf konfuzianischem Gedankengut<br />

und verlangen die aktive Partizipation einer<br />

moralisch und rational herrschenden Elite, die<br />

zum Wohle der Allgemeinheit tätig ist. Von<br />

Konfuzius leitet sich die Einsicht ab, dass ein<br />

harmonisches Individuum zu einer harmonischen<br />

Gesellschaft führt, diese wiederum zu<br />

einer harmonischen Gemeinschaft; diese bewirkt<br />

eine gute politische ordnung, die Voraussetzung<br />

für eine harmonische Nation ist.<br />

Die sogenannte Unvereinbarkeit „asiatischer“<br />

und „westlicher“ Werte und Auffassungen von<br />

Demokratie beruht auf einem Missverständnis<br />

der Konzepte Demokratie und Partizipation.<br />

Die asiatische Kritik richtet sich nicht so sehr<br />

gegen die Demokratie selbst, vielmehr richtet<br />

sich die Kritik – etwa des politischen Führers<br />

und Philosophen Lee Kuan Yew aus Singapur<br />

und anderer – gegen die soziale und kulturelle<br />

ordnung der USA und einiger anderer westlicher<br />

Staaten.<br />

DEMoKRATIE<br />

Demokratie und Islam:<br />

eine Herausforderung<br />

Versuche, die Beziehung zwischen Islam und<br />

Demokratie zu definieren, haben sich sowohl<br />

für MuslimInnen als auch für Nicht-MuslimInnen<br />

als äußerst problematisch erwiesen.<br />

Westliche BeobachterInnen, welche die Position<br />

vertreten, dass Islam und Demokratie<br />

miteinander nicht vereinbar sind, stützen ihre<br />

Argumente auf das islamische Verständnis der<br />

Vorherrschaft Gottes, der die einzige Quelle<br />

politischer Autorität ist und von dessen göttlichem<br />

Recht sich alle Regeln des gesellschaftlichen<br />

Zusammenlebens ableiten. Dieses<br />

Verständnis ist eine unzulässige Simplifizierung:<br />

Gewaltenteilung ist nicht grundsätzlich<br />

unvereinbar mit dem Islam. In bestimmen<br />

Staaten haben sich der Islam und Demokratie<br />

als vereinbar erwiesen; auch westliche Staaten<br />

weisen zuweilen gewisse theokratische<br />

Elemente auf. Der offiziellen Trennung von<br />

Kirche und Staat zum Trotz bekennen sich die<br />

USA im offiziellen Fahneneid dazu, „eine Nation<br />

unter Gott“ zu sein. Auch die Präambel der<br />

kanadischen Menschenrechtscharta, welche<br />

die verfassungsgeschützten Menschenrechte<br />

und Grundfreiheiten aufzählt, beginnt mit<br />

der Wendung: „Anerkennend, dass Kanada<br />

sich auf Prinzipien gründet, welche die oberste<br />

Gewalt Gottes und die Rechtstaatlichkeit würdigen<br />

…“<br />

Auch unter MuslimInnen selbst sind das Verständnis<br />

von und die Annährung an die Demokratie<br />

sehr unterschiedlich. Während die<br />

Führer der Hauptströmungen islamischer<br />

Bewegungen und viele Gelehrte die Auffassung<br />

vertreten, dass Islam und Demokratie<br />

miteinander kompatibel sind, propagieren<br />

extremistische oder radikale Bewegungen<br />

das Gegenteil. Letztere lehnen die Demokratie<br />

mit dem Argument ab, dass das Konzept<br />

einer Volksherrschaft dem fundamentalen<br />

Glaubensgrundsatz – der Souveränität Gottes<br />

– widerspricht. Der grundlegende gesetzliche<br />

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