MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz
MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz
MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
234 RELIGIoNSFREIHEIT<br />
im Lichte der aktuellen Anlässe, in denen religiöse<br />
Bewegungen immer wieder Ziel von<br />
Diskriminierung und Unterdrückung werden,<br />
von Bedeutung. Solche neuen Bewegungen<br />
sind unter verschiedenen Ausdrücken bekannt<br />
und bedürfen einer genaueren Betrachtung.<br />
Die Begriffe „Kult“ und „Sekte“ werden verwendet,<br />
um religiöse Gruppen zu benennen,<br />
die in Glauben und Praktiken von denen der<br />
Hauptreligionen abweichen. Beide Bezeichnungen<br />
sind äußerst mehrdeutig, dennoch<br />
kann man sagen, dass sich Sekte üblicherweise<br />
auf eine abweichende, von der Hauptreligion<br />
abgekoppelte religiöse Gruppe bezieht,<br />
während ein „Kult“ normalerweise als unkonventionelles<br />
oder unberechtigtes System religiöser<br />
Vorstellungen angesehen wird, das sich<br />
häufig durch einzigartige Rituale auszeichnet.<br />
Da beide Begriffe durch ein „Abweichen von<br />
der Norm“ definiert werden, gehen die Meinungen<br />
darüber, was eine Sekte oder einen<br />
Kult ausmacht, je nach Glaubensrichtung<br />
stark auseinander. Während im Buddhismus<br />
und Hinduismus die Begriffe neutral verwendet<br />
werden, schreibt ihnen die westliche Welt<br />
eher negative Bedeutungen zu. Diese stammen<br />
nicht nur daher, dass solche Gruppierungen<br />
von der Norm abweichen, sondern auch<br />
daher, dass Sekten oder Kulte häufig mit völliger<br />
Hingabe oder finanziellem Missbrauch in<br />
Verbindung gebracht werden.<br />
Verbindungen mit eher wirtschaftlichem als<br />
religiösem Hintergrund werden nicht durch<br />
das Menschenrecht auf Religionsfreiheit geschützt.<br />
Ein bekanntes und umstrittenes<br />
Beispiel ist Scientology, eine Sekte, die in<br />
manchen Ländern, allen voran Deutschland,<br />
nicht das Recht auf Religionsfreiheit genießt,<br />
weil sie starke wirtschaftliche Züge aufweist.<br />
Diskussionsfragen<br />
• Werden Minderheitenreligionen in Ihrem<br />
Land geschützt? Wenn ja, wie?<br />
•<br />
Haben diese dieselben Rechte/Unterstüt-<br />
zung wie die Hauptreligionen/Glaubensrichtungen?<br />
•<br />
Frauen und Religion?<br />
In der Geschichte wurden und werden Frauen<br />
von beinahe allen Glaubensrichtungen<br />
diskriminiert. Erst in der jüngsten Zeit wurde<br />
ihr Menschenrecht auf Religionsfreiheit angesprochen.<br />
Die Diskriminierung von Frauen in der Religion<br />
ist zweifach: Einerseits fehlt ihnen die<br />
Freiheit zur Bekundung/Ausübung ihres<br />
Glaubens, da sie in manchen Religionen keinen<br />
gleichwertigen Zugang zum Gottesdienst,<br />
dem Gebet oder der Kirchenführung besitzen.<br />
Anderseits können sie in manchen Glaubensrichtungen<br />
auch opfer werden, wo immer<br />
religiöse Gesetze, Gebräuche und Normen<br />
Frauen bestrafen oder in extremen Fällen mit<br />
dem Leben bedrohen:<br />
• Der Prozentsatz der jungen Mädchen, die<br />
in ländlichen Gebieten Ägyptens verstümmelt<br />
werden, liegt bei 95%. Weibliche Genitalverstümmelung<br />
ist eine religiöse und<br />
kulturelle Tradition in vielen Ländern und<br />
wird vom internationalen Menschenrechtssystem<br />
scharf kritisiert. Schwere gesundheitliche<br />
Probleme können auftreten, auch<br />
Todesfolge ist möglich.<br />
• Zwangsehen,<br />
die häufig die Versklavung<br />
der Frauen zur Folge haben, werden in Teilen<br />
Nigerias, dem Sudan, Pakistan und anderen<br />
Gebieten gefördert. Die Einwilligung<br />
der Frau in die Ehe ist nicht notwendig.<br />
Manchmal sind die „Ehefrauen“ nicht älter<br />
als neun Jahre.<br />
• Vergewaltigung als besondere Form der<br />
ethnischen Säuberungen: Die religiöse Zugehörigkeit<br />
war in vielen Fällen der Grund<br />
für Massenvergewaltigungen im früheren<br />
Jugoslawien, Georgien, dem Sudan, Ruanda<br />
oder Tschetschenien. Erzwungene<br />
Schwangerschaften nach Vergewaltigungen<br />
stellten sicher, dass Frauen öffentlich als