MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz

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FREIHEIT DISCRIMINATIoN VoN ARMUT FREIHEIT VoN ARMUT MINDERUNG VoN UNGERECHTIGKEITEN GESICHERTE EXISTENZ ZUGANG ZU RESSoURCEN „Jeder Mensch … hat Anspruch darauf … in den Genuss der für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen ... Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit … Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet ... Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.“ Art. 22, 23, 25, 26, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 1948. PARTIZIPATIoN ANGEMESSENER LEBENSSTANDARD 97
98 FREIHEIT VoN ARMUT GESCHICHTE ZUR ILLUSTRATIoN Hungertod in einem Land des Überflusses Als die Ernte ausblieb und es keine Arbeit mehr gab, begannen die Dorfbewohner von Mundiar im Dschungel nach Nahrung zu suchen. Sie fanden keine. Stattdessen fanden sie Gras. Und so mussten die 60 Haushalte des Dorfes die meiste Zeit des Sommers über Sama-Gras essen, das normalerweise an Rinder verfüttert wird. Aber Menschen sollten nicht Gras essen, und bald wurden die Dorfbewohner schwächer, ihre Wangen immer mehr eingesunken. Sie klagten über Verstopfung und Lethargie. Schließlich begannen sie zu sterben. Ein Dorfbewohner, Murari, musste seine ganze Familie langsam der Schwäche erliegen sehen. Zuerst starb sein Vater Ganpat, danach seine Frau Bordi. Vier Tage später verlor er seine Tochter. Überall in diesem abgelegenen Teil Indiens, der einst von dichtem grünem Wald bedeckt war, aber heute von der Dürre unfruchtbar gemacht wird, geschah das Gleiche. Innerhalb von zwei Monaten verhungerten 40 Mitglieder des Stammes der Sahariya. Etwa 60 Millionen überschüssige Tonnen Getreide lagen gleichzeitig in Lagerhäusern der Regierung. Das ist nach jedem Standard jedenfalls ein riesiger Berg Nahrung. Leider erreichte keine dieser Tonnen Mundiar oder irgendeines der anderen entlegeneren Dörfer von Südostrajasthan. Offiziell hungert in Indien niemand. Gemäß dem öffentlichen Verteilungssystem haben LandbewohnerInnen, die unter die Armutsgrenze fallen, das Recht auf Rationskarten, mit denen sie subventioniertes Getreide von Regierungsbetrieben kaufen können. Aber in Bhoyal ist, wie auch anderswo, das System zusammengebrochen. Der örtliche Sarpanch (Dorfoberhaupt) hatte alle Rationskarten an Freunde und Mitglieder der eigenen Kaste ausgegeben, sagten die DorfbewohnerInnen. Er strich auch die Namen der Witwen, die zu einer staatlichen Pension berechtigt waren. Inzwischen weigerten sich die Regierungsbetriebe, das billige Getreide den Sahariyas, den Unberührbaren, zu verkaufen, sondern setzen es am Schwarzmarkt um. Als die Sahariyas zu sterben begannen, füllten die BesitzerInnen der Betriebe die Rationskarten der Unberührbaren aus, um ihren Betrug zu verschleiern. Das Niveau der Unterernährung in Indien – einem Land mit über einer Milliarde Menschen – ist eines der höchsten der Welt. Etwa die Hälfte aller indischen Kinder ist unterernährt, während etwa 50% der indischen Frauen unter Anämie (Blutarmut) leiden. Und dennoch wird der Großteil des riesigen indischen Getreideberges entweder weggeworfen oder von Ratten gefressen. Es sind die Menschen auf der untersten Stufe des indischen hierarchischen Kastensystems, die am meisten leiden. Die Stammesgemeinden, die 30% der Bevölkerung des Distriktes Baran ausmachen, sind außerdem die Opfer einer historischen Ungerechtigkeit. Vor der Unabhängigkeit von 1947 schlugen sich die Sahariyas mit Jagen und dem Anbau von ein wenig Getreide durchs Leben. Nach der Unabhängigkeit wurden sie aus dem Dschungel verbannt und ihr Land konfisziert. Die Sahariyas mussten als LandarbeiterInnen anheuern. Als die Ernte einen Sommer ausblieb, hatten sie keine Arbeit und daher auch nichts zu essen. „Die PolitikerInnen interessieren sich nicht für uns“, sagt Nabo, eine 50-jährige Frau, während
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