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MENSCHENRECHTE VERSTEHEN - ETC Graz

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I. DAS PRoBLEM<br />

DER STRAFLoSIGKEIT<br />

Der Kampf gegen die Straflosigkeit und für Rechenschaftspflicht<br />

ist zu einem breiten globalen<br />

Anliegen geworden. Eine Hauptüberlegung dabei<br />

ist die Prävention künftiger Verbrechen, die<br />

üblicherweise in Form schwerwiegender Verletzungen<br />

der Menschenrechte und des humanitären<br />

Völkerrechts auftreten. Trotz gravierender<br />

Menschenrechtsverletzungen Straflosigkeit zuzusichern<br />

war bislang weltweit Praxis, um undemo<br />

kratische Herrscher, oft Generäle, zur<br />

Übergabe der Macht an demokratisch gewählte<br />

Regierungen zu überreden. Straflosigkeit darf<br />

nicht mit „Amnestien“ für geringere Übertretungen<br />

nach Kriegen oder Regimeänderungen<br />

verwechselt werden. Sie steht im Widerspruch<br />

zum Prinzip der Verantwortlichkeit, im Sinne<br />

einer Rechenschaftspflicht, das auf nationaler<br />

und internationaler Ebene, beispielsweise mit<br />

der Einrichtung von besonderen und allgemeinen<br />

internationalen Strafgerichtshöfen, zunehmende<br />

Verwirklichung findet.<br />

Zur Verhütung von Menschenrechtsverletzungen<br />

sehen bestimmte internationale Konventionen,<br />

wie zum Beispiel die UNo-Konvention gegen<br />

Folter aus dem Jahr 1984, die Verpflichtung zu<br />

einer universellen Verfolgung der VerletzerInnen<br />

vor. Im Fall des Generals Augusto Pinochet,<br />

des früheren chilenischen Diktators, verlangte<br />

1998 ein spanischer Richter dessen Auslieferung<br />

von Großbritannien. Diesem Begehren wurde<br />

in einer bemerkenswerten Entscheidung des<br />

oberhauses schließlich stattgegeben. Die Auslieferung<br />

fand allerdings wegen des schlechten<br />

Gesundheitszustands von Pinochet nicht statt.<br />

Das Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit<br />

wird vom Internationalen Strafgerichtshof und<br />

auf nationaler Ebene angewandt.<br />

EINFÜHRUNG<br />

Es bedeutet, dass ein bestimmter gravierender<br />

Menschenrechtsverletzungen Beschuldigter entweder<br />

selbst vor Gericht gestellt oder ausgeliefert<br />

werden muss. Im Fall von Charles Taylor,<br />

des früheren Präsidenten von Sierra Leone, wurde<br />

ihm zuerst ein Exil in Nigeria ermöglicht. Im<br />

März 2006 wurde er jedoch nach Sierra Leone<br />

zurückgebracht, um vor Gericht gestellt zu werden.<br />

Für sein Verfahren ist der Sondergerichtshof<br />

für Sierra Leone, in dem auch internationale<br />

RichterInnen mitwirken, zuständig, der zu diesem<br />

Zweck in außerordentlichen Sessionen in<br />

Den Haag zusammentritt, um jeden lokalen<br />

Einfluss auf das Verfahren zu vermeiden.<br />

Andere Formen der Herstellung von Verantwortlichkeit,<br />

die nicht notwendigerweise zur<br />

Bestrafung der TäterInnen führen muss, sind die<br />

Wahrheits- und Versöhnungskommissionen, die<br />

in Südafrika und anderen Ländern als eine Form<br />

von nicht-vergeltender Gerechtigkeit eingerichtet<br />

wurden. Sie geben den opfern die Chance,<br />

wenigstens die Wahrheit zu erfahren, und der<br />

Gesellschaft die Möglichkeit, aus den Erfahrungen<br />

der Vergangenheit zu lernen. Im Menschenrechtsrat<br />

der Vereinten Nationen wird in diesem<br />

Zusammenhang an der Konzeptualisierung eines<br />

neuen „Rechts auf Wahrheit“ gearbeitet.<br />

Im Fall von Argentinien urteilte die Inter-<br />

Amerikanische Menschenrechtskommission,<br />

dass die Gewährung von Straflosigkeit<br />

durch die Amnestiegesetze das Recht auf gerichtlichen<br />

Schutz und faires Verfahren verletze.<br />

Es gab eine internationale Kampagne<br />

gegen die Straflosigkeit, in der lokale NGos<br />

die Hauptrolle spielten. Schließlich wurden<br />

die Amnestiegesetze 1998 aufgehoben.<br />

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