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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Gerade dann stoßen wir auf die kritischen Punkte, Bruch- <strong>und</strong> Schwachstellen,<br />

Konflikt- <strong>und</strong> Krisenlagen von Modernisierungsprozessen. So sind<br />

die Zeichen ernst zu nehmen, daß die systemintegrative Modernität von<br />

Organisations- <strong>und</strong> Mediengesellschaft die Entwicklung von Lebenszusammenhängen<br />

blockieren kann, daß es im Abseits des Modernisierungsprozesses<br />

erneut <strong>und</strong> verschärft zu Marginalisierung <strong>und</strong> Polarisierung kommt <strong>und</strong><br />

in einer sich spaltenden Gesellschaft die Leitbilder selbstbewußter <strong>und</strong><br />

selbstgesteuerter Lebensführung zur Illusion <strong>und</strong> Ideologie werden können.<br />

Die strukturellen wie kulturellen Krisen sozialer Lebenszusammenhänge<br />

führen zu Fragen nach der praktischen Wirksamkeit soziologischer Orientierung.<br />

Jedoch: wenn es fiskalisch knapp <strong>und</strong> legitimatorisch eng wird, sehen<br />

sich gerade Sozialwissenschaftler in ihrem gesellschaftspolitischen Relevanzanspruch<br />

sehr bald in Frage gestellt. Entlassen aus dem Verwertungsdruck<br />

des Planungs- <strong>und</strong> Legitimationshelfers muß Soziologie sich nun der Frage<br />

stellen, ob ihr Rückzug auf das „menschliche Maß" nicht nur Symptom <strong>und</strong><br />

Reaktion ist auf ihre Verdrängung aus öffentlicher Wirksamkeit <strong>und</strong> Verantwortlichkeit.<br />

Das neue Interesse für die Feinstruktur der interaktiven <strong>und</strong> intersubjektiven<br />

Konstitution des „Sozialen" könnte aber auch darin Gr<strong>und</strong> finden,<br />

daß soziale Lebenszusammenhänge heute in ihrer Spannung zur etablierten<br />

Modernität praktisch zum Problem werden:<br />

— sei es, daß soziale Lebenszusammenhänge unter verschärften Modernisierungsdruck<br />

kommen;<br />

— sei es, daß im Sog einer sich zurückziehenden Modernität die Randlagen<br />

neuer Pauperisierung <strong>und</strong> Marginalisierung sich ausweiten;<br />

— sei es, daß in der Folge strukturellen wie kulturellen Wandels es zu normativen<br />

Umwertungen kommt;<br />

— sei es, daß freigesetzte Subjektivität dann nicht mehr Halt <strong>und</strong> Rahmen<br />

findet, sich verbindlich binden (anders formuliert: „engagieren") zu können;<br />

— sei es, daß die Relationen zwischen der systemintegrativen Steuerung<br />

des Modernisierungsprozesses <strong>und</strong> der sozialen Integration von Lebenszusammenhängen<br />

gesellschaftspolitisch neu zu ordnen, zu gestalten <strong>und</strong> zu<br />

steuern sind.<br />

Im Bewußtsein der Spannungen zwischen <strong>gesellschaftliche</strong>r Syste<strong>mb</strong>ildung<br />

<strong>und</strong> der sozialen Dynamik von Lebenszusammenhängen stellen sich<br />

Fragen der „Vermittlung". Gerade hier könnte sich aus der Sensibilität<br />

„verstehender Soziologie" in Verbindung mit einem kritischen Sinn für Systeme<br />

ein neues Selbstbewußtsein soziologischer Kompetenz begründen:<br />

„Vermittlung" bedeutet dabei allerdings nicht nur die kommunikative Mittlerstellung<br />

des „Grenzgängers" zwischen sozialaktiven Feldern <strong>und</strong> politisch-administrativen<br />

Systemen. Auch bei Spannungsfeldern kann soziologisch<br />

vermittelte Handlungsorientierung Spannungen deutlich <strong>und</strong> öffentlich<br />

machen <strong>und</strong> so erst Verhältnisse „unter Spannung" <strong>und</strong> „in Bewegung"<br />

bringen. Besonders wird dies deutlich, wenn es um ein „Sich-Entwickeln<br />

von Selbststeuerung" geht, d.h. um die Eigendynamik <strong>und</strong> Autonomie ge-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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