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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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scher Selbststeuerung, die marktwirtschaftlich organisierte Konkurrenzökonomien<br />

kennzeichnen, nicht vorhanden.<br />

Das geht, wie die geschichtliche Erfahrung zeigt, lediglich solange gut,<br />

wie brachliegende Ressourcen extensiv mobilisierbar sind. Werden Ressourcen<br />

jedoch knapp <strong>und</strong> ist ein Übergang aus der extensiven Wachstumsphase<br />

in eine intensive überfällig, zeichnet sich eine Systemkrise ab.<br />

Ohne das heute verfügbare Militärpotential, das die Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> das<br />

Rückgrat des Weltmachtstatus' ausmacht, wäre die Sowjetunion als Herausforderer<br />

der USA zwar immer noch eine große Industriemacht, aber weltwirtschaftlich<br />

gesehen, genaugenommen, weniger als ein Schwellenland.<br />

Denn ein Schwellenland ist definiert durch Teilindustrialisierungsprozesse,<br />

die in einzelnen Sparten der Konsumgüterindustrie <strong>und</strong> des Maschinenbaus<br />

zu einer durchschlagenden Konkurrenzfähigkeit auf den Märkten alternder<br />

Industriegesellschaften führen. Davon kann heute, außerhalb politisch motivierter<br />

Handelsabkommen, kaum die Rede sein. Mit konkurrenzfähigen<br />

Ökonomien spielen sich die Beziehungen daher eher auf der Ebene klassischer<br />

Nord-Süd-Geschäfte ab: Rohstoffe werden gegen hochverarbeitete<br />

Fertiggüter, Maschinen <strong>und</strong> Technologie getauscht.<br />

Solange die Sowjetunion den Status einer Weltmacht anstrebt, <strong>und</strong> die<br />

einmal erreichte Position für erhaltenswert hält, ja sie auszubauen bestrebt<br />

ist, sind ihr deutlich Grenzen hinsichtlich der Verminderung ihres Militär<strong>und</strong><br />

Rüstungspotentials gesetzt. Erst der Aufbau dichter Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

könnte hier Kompensationsmöglichkeiten schaffen; aber für<br />

einen solchen Aufbau fehlen fast alle Voraussetzungen.<br />

Gewöhnlich wird Planökonomien eine hohe administrative Flexibilität<br />

hinsichtlich ihrer Fähigkeit zugeschrieben, eine Rüstungswirtschaft auf<br />

Zivilgüterproduktion umzulenken. Auch hier sind Zweifel angebracht. Versuche<br />

der Investitionsumlenkung aus dem Schwerindustrie- <strong>und</strong> Investitionsgüterbereich<br />

in andere Sektoren, obgleich mehrfach an höchster politischer<br />

Stelle beschlossen, sind bisher im großen <strong>und</strong> ganzen gescheitert. Sie<br />

weisen auf das inzwischen erhebliche Eigengewicht der Apparate hin.<br />

Die Herrschaftsform <strong>und</strong> die von ihr geprägte Gesellschaft <strong>und</strong> Ökonomie<br />

lassen ebenso wie die militärische Eindimensionalität des Weltmachtstatus'<br />

eine eher geringe Beeinflußbarkeit der Sowjetunion von außen als<br />

wahrscheinlich erscheinen. Wenn eine Beeinflussung im Sinne einer Stärkung<br />

von Reformkräften erreicht werden soll, dann ist sie nur über eine<br />

nicht-bedrohliche Politik des Westens erreichbar. Aber selbst unter solchen<br />

heute nicht bestehenden Vorzeichen ist ihr Erfolg keineswegs sicher. Erfolg<br />

oder Mißerfolg hängen wesentlich davon ab, ob sich verdichtende Beziehungen<br />

zwischen Ost <strong>und</strong> West vor Ort politisch verkraftet werden können.<br />

Diese Problematik betrifft insbesondere Osteuropa <strong>und</strong> die Beziehungen<br />

zwischen Ost- <strong>und</strong> Westeuropa.<br />

Die Entspannungspolitik der siebziger Jahre bot der Sowjetunion Chancen,<br />

ihr Verhältnis zu Osteuropa zu normalisieren; sie hätte damit erhebliche<br />

politische Impulse auslösen können. Diese Chancen blieben ungenutzt;<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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