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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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— Die wichtigste diesbezüghche Veränderung scheint uns die Transformation<br />

der maschinellen Taktbindung in eine Art „informatorische Taktbindung"<br />

zu sein. Mit den Fertigungssteuerungs- <strong>und</strong> Kontrollsystemen wird<br />

sukzessive ein differenziertes Netzwerk von objektivierten Zeit- <strong>und</strong> Sachstrukturen<br />

im Sinne einer „vorwegnehmenden Optimierung" aufgebaut,<br />

das die Interventionsanforderungen der Produktionsarbeiter definiert <strong>und</strong><br />

automatisch auf ihre Einhaltung kontrolliert. Diese Taktbindung ist so<br />

stark formalisiert <strong>und</strong> transparent, daß auch von dieser Seite her traditionelle<br />

Leistungslohnanreize überflüssig werden.<br />

Diese neue Form der Einbindung von Beschäftigten in das betriebliche<br />

Informationssystem bedeutet mehr Transparenz über den Arbeitsablauf<br />

<strong>und</strong> damit (zwangsläufig) über die Tätigkeiten <strong>und</strong> das Verhalten von Personen.<br />

Diese Form der „abgeleiteten Kontrolle" dürfte bisher in der unternehmerischen<br />

Planung i.d.R. nur ein Nebeneffekt der flexiblen Automatisierung<br />

sein <strong>und</strong> wird nach unseren Erfahrungen bisher auch kaum offensiv<br />

genutzt. Die Gründe dafür liegen in ihrer Dysfunktionalität <strong>und</strong> in der<br />

Antizipation von betrieblichen Konflikten. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

daß das vorhandene Kontrollpotential wesentlich umfassender<br />

<strong>und</strong> tiefgreifender als das traditioneller Kontrollsysteme einzuschätzen ist.<br />

— Ein weiterer Mechanismus ist der sukzessive Aufbau direkt personenbezogener<br />

Kontrollen durch neue Lohnabrechnungsverfahren, Zugangskontrollen,<br />

Zeiterfassungssysteme etc., die gerade die Relativierung von<br />

traditionellen Kontrollformen (individuelle Arbeitsleistung, Meisteraufsicht)<br />

reflektieren.<br />

— Ein dritter Mechanismus ist mit dem Motivations- <strong>und</strong> Integrationsaspekt<br />

der neuen Partizipationsform bereits angesprochen (Systemgruppen,<br />

Qualitätszirkel etc.). Sie reflektieren im wesentlichen den Tatbestand, daß<br />

die Einbindung in ein Netzwerk von Zeit- <strong>und</strong> Sachstrukturen gemessen an<br />

traditionellen Berufsbildern keine ausreichenden Möglichkeiten arbeitsinhaltlicher<br />

Identifikation bietet <strong>und</strong> die Innovationspotentiale der Systemanwender<br />

ungenutzt läßt.<br />

Zusammenfassend läßt sich also durchaus eine neue Ausrichtung im Einsatz<br />

von Arbeitskraft im technologieorientierten Segment feststellen. Die Notwendigkeit<br />

der aktiven Beteiligung der Systemanwender an der Auslegung,<br />

betrieblichen Anpassung <strong>und</strong> Feinsteuerung von Informationssystemen, die<br />

Notwendigkeit der permanenten menschlichen Intervention sowie das Zusammenwachsen<br />

verschiedener Arbeitsplätze zu integrierten Systemen<br />

eröffnen neue <strong>und</strong> qualifizierte Gestaltungsräume <strong>und</strong> Tätigkeitsfelder.<br />

Unsere These lautet, daß diese „neue Nutzung von Produktionsintelligenz"<br />

nicht im Widerspruch zu neuen informationstechnologischen Kontrollen<br />

von Leistung <strong>und</strong> Verhalten der Beschäftigten steht. Zentrale Kontrolle<br />

mittels Information einerseits <strong>und</strong> Handlungsfreiheit dezentraler<br />

Einheiten andererseits stehen nebeneinander bzw. genauer: sie ergänzen<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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