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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Rechtfertigt es der auf diese Weise neu in den Blick genommene Spielraum<br />

betrieblicher Rationalisierungspolitik — unter der freilich unveränderten<br />

Maxime der Kapitalrentabilität — von der Existenz zweier so gr<strong>und</strong>legend<br />

verschiedener Managementlinien auszugehen, daß der Sieg der einen<br />

die Verlängerung der Misere von Dequalifikation, Spezialisierung <strong>und</strong> Heteronomie,<br />

der Sieg der anderen aber den <strong>gesellschaftliche</strong>n Fortschritt auf<br />

dem Wege der Entfaltung individueller Fähigkeiten <strong>und</strong> mehr Autonomie<br />

begründen?<br />

Und daran anschließend: können die Vertreter der ,,empirisch-unideologischen"<br />

Linie, die ,,Modernisten" — ihre empirische Relevanz unterstellt —<br />

sich gegenüber den „Technokratisch-Bornierten", den „Traditionalisten" so<br />

weit vom konsensualen Zwang zu einem kompromißfähigen betrieblichen<br />

Rationalisierungsmuster dispensieren, daß sie in der Lage sind, einen „stilbildenden"<br />

Modus herauszubilden <strong>und</strong> einen Sog auszulösen?<br />

Ohne die bereits bekannten Argumente pro <strong>und</strong> contra zu wiederholen,<br />

soll das eher skeptische Resümee der möglichen Antworten anhand ergänzender<br />

Überlegungen gezogen werden.<br />

Die Entwicklung der industriellen Weltmarkt struktur hat zu einer Auslagerung<br />

lohnintensiver Serienfertigung von Gebrauchsgütern aus den hochindustrialisierten<br />

Staaten in die der Dritten Welt <strong>und</strong> in die Schwellenländer<br />

geführt, wovon inzwischen auch klassische Industriebranchen wie die Stahl<strong>und</strong><br />

Werftindustrie erfaßt worden sind. In den kapitalistischen Industriestaaten<br />

konzentriert sich die Fertigung zunehmend auf komplexe Güter<br />

hoher Produktqualität, die sich gegen die Weltmarktkonkurrenz behaupten<br />

können. Ihr verkürzter Innovationszyklus <strong>und</strong> die vor allem durch die Elektronik<br />

mögliche Prozeßinnovation verlangen bzw. erlauben eine komplexe<br />

<strong>und</strong> flexible Produktionsstruktur. Dies erfordert (sichert?/erweitert?) auch<br />

künftig den Einsatz qualifizierter Facharbeit, bei indessen weiterhin sinkendem<br />

Gesamtarbeitsvolumen.<br />

Der steigende Kapitaleinsatz für diese flexiblen Fertigungsstrukturen<br />

relativiert andererseits die Lohnkosten (in einzelnen Sektoren der Metallindustrie<br />

sind sie bereits unter 10 % gesunken) <strong>und</strong> erleichtert die Finanzierung<br />

des Qualifikationsüberschusses von Arbeitskraft als Sicherheitsreserve<br />

gegenüber dem schwer eliminierbaren Rest des maschinellen Störungspotentials.<br />

Die Flexibilitätsanforderungen der komplexen Fertigungsstrukturen<br />

nötigen aber nicht nur zum Einsatz erweiterter Arbeitsqualifikationen,<br />

sondern unterstellen auch ein gewandeltes Arbeitsverhältnis. Bemerkenswert<br />

ist in diesem Zusammenhang die mühelose Integration der durch<br />

konservatives Lamento angezettelten Debatte über den sog. „Wertewandel"<br />

in die strategischen Überlegungen einer progressiven Unternehmerfraktion<br />

zu einer neuen Führungs- <strong>und</strong> Personalpolitik. Der Anspruch auf Selbstverwirklichung,<br />

mehr Autonomie <strong>und</strong> Kreativität, der demzufolge als Resul­<br />

1<br />

tat sozio-kulturellen Wandels über die jugendliche Alternativbewegung<br />

hinaus Bedeutung gewonnen habe, fügt sich offenbar besser in das Flexibili-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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