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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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kritische Schwelle ist, wird offensichtlich, wenn wir sehen, wie fest Marokko<br />

dem Wunsch der Mehrheit der Mitglieder (<strong>und</strong> zwar einer klaren Mehrheit)<br />

der Organisation für afrikanische Einheit (OAU), der Arabischen Demokratischen<br />

Republik Sahara einen vollen Status in dieser regionalen zwischenstaatlichen<br />

Struktur zu gewähren, entgegentritt. Selbstverständlich<br />

weiß Marokko, daß eine Anerkennung durch die Organisation für afrikanische<br />

Einheit Druck auf die Großmächte hervorrufen würde, <strong>und</strong> die Forderung<br />

nach Anerkennung auf diese Weise die kritische Schwelle überschreiten<br />

würde.<br />

Es waren also das Weltsystem <strong>und</strong> nicht die einzelnen „Gesellschaften",<br />

die sich „entwickelt" haben. Das heißt, nachdem sie einmal ins Leben gerufen<br />

worden war, wurde die kapitalistische Weltwirtschaft zunächst einmal<br />

konsolidiert, <strong>und</strong> dann nach <strong>und</strong> nach der Einfluß ihrer Gr<strong>und</strong>strukturen<br />

auf die <strong>gesellschaftliche</strong>n Prozesse innerhalb ihrer Grenzen vertieft <strong>und</strong><br />

erweitert. Die ganzen Vorstellungen des Wachstumsprozesses von der Eichel<br />

zur Eiche, vom Keim zu seiner Entfaltung, gibt, wenn überhaupt, nur einen<br />

Sinn, wenn sie auf die einzigartige kapitalistische Weltwirtschaft als ein historisches<br />

System angewendet werden.<br />

Erst in diesem Entwicklungsrahmen entstanden viele der Institutionen,<br />

die wir oft ziemlich irrtümlich als „ursprünglich" beschreiben. Die Souveränität<br />

der Gerichtsbarkeit im zwischenstaatlichen System wurde geschaffen<br />

<strong>und</strong> die „Staatlichkeit" dieser Gerichtsbarkeit wurde immer mehr institutionalisiert,<br />

<strong>und</strong> zwar in dem Maße, wie sich eine Art von <strong>gesellschaftliche</strong>r<br />

Bindung zu den Körperschaften entwickelte, die von der Gerichtsbarkeit<br />

festgelegt wurden. So breitete sich langsam <strong>und</strong> mehr oder weniger in<br />

Einklang mit den sich entwickelnden Grenzen jedes Staates ein entsprechendes<br />

Nationalgefühl aus. Das moderne Weltsystem hat sich aus einem<br />

System, in dem diese „Nationalgefühle" schwach oder nicht vorhanden waren,<br />

zu einem System entwickelt, in dem sie auffallen, sich ausbreiten <strong>und</strong><br />

festsetzen.<br />

Die Nationen waren jedoch nicht die einzigen neuen <strong>gesellschaftliche</strong>n<br />

Gruppierungen. Die <strong>gesellschaftliche</strong>n Klassen, wie wir sie kennengelernt<br />

haben, wurden ebenfalls im Laufe dieser Entwicklung geschaffen, sowohl<br />

objektiv als auch subjektiv. Die Wege der Proletarisierung <strong>und</strong> der Bourgeoisierung<br />

waren lang <strong>und</strong> verschlungen, aber sie waren vor allem die Folge<br />

von Prozessen im Weltmaßstab. Selbst unsere gegenwärtigen Haushaltstrukturen<br />

— ja, sogar sie — sind erzeugte Gebilde, die gleichzeitig die zweifache<br />

Erfordernis einer Struktur erfüllen, die einerseits die Arbeitskraft<br />

sozialisiert <strong>und</strong> sie andererseits teilweise gegen die harten Auswirkungen<br />

des Arbeitssystems schützt.<br />

In dieser ganzen Beschreibung ist das Bild, das ich benutze, nicht das<br />

eines kleinen Kerns, an den ich weitere Außenschichten anfüge, sondern<br />

das eines dünnen äußeren Rahmens, der stufenweise mit einem dichten inneren<br />

Geflecht aufgefüllt wird. Gemeinschaft <strong>und</strong> Gesellschaft in der konventionellen<br />

Weise gegenüberzustellen, wie es nicht nur in der deutschen,<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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