07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

these, daß (die) zentrale(n) Impulse für die Entwicklung der Sozialpolitik<br />

aus Problemen der Lohnarbeit kamen <strong>und</strong> kommen.<br />

Ich stelle aber fest, daß diese These <strong>und</strong> der auf ihr gründende Ansatz<br />

einer Sozialpolitik-Analyse erstens differenzierungsbedürftig sind <strong>und</strong> zweitens<br />

ergänzt werden müssen.<br />

Geschlecht — weiblich, männlich — <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Arbeit in<br />

allen Formen — Lohnarbeit, nichtentlohnte Hausarbeit <strong>und</strong> ehrenamtliche<br />

Sozialarbeit — sind keine für die Sozialpolitik-Analyse belanglosen Kategorien.<br />

Forschungsansätze, die für sich Allgemeinheit beanspruchen, müssen<br />

sie berücksichtigen. Sonst geraten sie in die Gefahr einer faktisch androzentrischen<br />

Sichtweise, die Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Erkenntnisdefizite<br />

<strong>und</strong> entsprechende Handlungsdefizite mit sich bringt.<br />

Kurz: Der Ansatz der Sozialpolitik-Analyse, den Böhle vorgetragen<br />

hat, müßte von der Frauenforschung lernen <strong>und</strong> eine Reihe ihrer Prämissen,<br />

Thesen <strong>und</strong> bereits gewonnener Erkenntnisse, die ein wesentliches<br />

Strukturprinzip unserer Gesellschaft, die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung<br />

betreffen, aufnehmen. Das kann nicht ausgeglichen werden durch<br />

forschungsmäßige „Spezialisierung" <strong>und</strong> quasi Delegierung der „Frauenaspekte"<br />

im Zusammenhang sozialpolitischer Forschungsaufgaben an die<br />

Frauenforschung, die sich damit beschäftigen soll. Vielmehr müssen Ansätze<br />

der Frauenforschung bei der Weiter<strong>entwicklung</strong> der „allgemeinen"<br />

Sozialpolitik-Analyse integriert werden.<br />

Wie hätte das auszusehen?<br />

Gerade heute, angesichts der „Krise der Arbeitsgesellschaft", muß<br />

dringender denn je der Begriff <strong>gesellschaftliche</strong>r Arbeit vollständig gefaßt<br />

<strong>und</strong> differenziert werden, <strong>und</strong> zwar in Erwerbsarbeit <strong>und</strong> in nicht erwerbs-/<br />

marktorganisierte Arbeit. In diesem Zusammenhang ist der klassische<br />

Begriff der Reproduktionsarbeit kritisch zu wenden <strong>und</strong> breiter zu sehen<br />

(vgl. zu dieser Debatte Beer 1983, 136 ff.): Es geht nicht nur um die unentgeltlich,<br />

„privat" geleistete Arbeit zur Reproduktion der Arbeitskraft<br />

für das Kapital, sondern um sämtliche für die Gesellschaft produktiven<br />

Arbeitsleistungen zur Sicherung der Lebensbedürfnisse ihrer Mitglieder in<br />

Form privater Subsistenzarbeit. Die Erkenntnis, daß es verschiedene Bereiche<br />

<strong>gesellschaftliche</strong>r Arbeit gibt, geleistet von unterschiedlichen Gruppen<br />

<strong>und</strong> Individuen innerhalb der Gesellschaft, ist den Frauen geläufig,<br />

die ja in allen Feldern beteiligt sind <strong>und</strong> vor allem in einem der Felder die<br />

Hauptlast, wenn nicht die alleinige Last tragen. Sie ist in Arbeiten der<br />

Frauenforschung mittlerweile differenziert herausgearbeitet worden. Inzwischen<br />

dringt sie — wenngleich langsam — auch in die links-alternative<br />

Diskussion um die „Zukunft der Arbeit" <strong>und</strong> der „Arbeitsgesellschaft"<br />

ein (vgl. den Entwurf der B<strong>und</strong>estagsfraktion der Grünen zu einem neuen<br />

Arbeitszeitgesetz).<br />

Dies vorausgeschickt, stimme ich Böhle also zu, daß die <strong>gesellschaftliche</strong><br />

Organisation der Arbeit die Probleme der Sozialpolitik <strong>und</strong> auch ihre<br />

Lösungsstrategien bestimmt. Zugr<strong>und</strong>egelegt werden muß jedoch dieser<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!