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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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FRAGEN DER ERKLÄRUNG UND PROGNOSE IN QUALITATIVEN<br />

UNTERSUCHUNGEN. DARGESTELLT AM BEISPIEL DER<br />

„ARBEITSLOSEN VON MARIENTHAL".<br />

Christel Hopf<br />

1. Problemstellung <strong>und</strong> methodische Vorbemerkungen<br />

Fragen der Erklärung <strong>und</strong> Prognose sind in dem Bereich der Sozialforschung,<br />

in dem überwiegend mit Hilfe offener Verfahren der Erhebung <strong>und</strong> Interpretation<br />

von Daten gearbeitet wird, unterschiedlich diskutiert worden. Es<br />

gibt Positionen, in deren Rahmen der Anspruch, Erklärungen <strong>und</strong> Prognosen<br />

zu erarbeiten, explizit zurückgewiesen wird <strong>und</strong> die Auseinandersetzung<br />

mit spezifischen Gegenstandsbereichen primär als verstehende <strong>und</strong> interpretierende<br />

Beschreibung gekennzeichnet wird. Eine in letzter Zeit in der Soziologie<br />

rasch rezipierte Darlegung dieser Position enthält Clifford Geertz'<br />

(1983) Aufsatzsammlung zu Fragen ethnographischer Forschung , in der<br />

1<br />

die Aufgaben der Kulturanalyse unter dem Schlüsselbegriff der „thick<br />

description" oder „dichten Beschreibung" abgehandelt werden, wobei der<br />

auf Gilbert Ryle zurückgehende Begriff der „dichten Beschreibung" sich<br />

auf die verstehende <strong>und</strong> deutende Beschreibung der Gegenstände unserer<br />

sinnlichen Wahrnehmung bezieht (vgl. Geertz, 1983, S. 10 ff.).<br />

Für andere Autoren ist hingegen der Anspruch, auch im Rahmen qualitativer<br />

Forschung Erklärungen <strong>und</strong> Prognosen zu erarbeiten, so selbstverständlich,<br />

daß er kaum kommentiert wird. Zu ihnen gehören eine Reihe<br />

von Soziologen der Chicagoer Schule. So beschreibt Howard Becker die<br />

Erarbeitung von Prognosen geradezu als definierendes Merkmal wissenschaftlicher<br />

Tätigkeit in der Soziologie (vgl. 1972, S. 219 ff.) <strong>und</strong> ähnlich halten<br />

Glaser <strong>und</strong> Strauss in ihrer Konzeption einer hypothesen- <strong>und</strong> theoriebildenden<br />

Forschung die Entwicklung von Erklärungen <strong>und</strong> Prognosen für einen<br />

zentralen Bestandteil qualitativer Forschung (vgl. 1968, S. 3 ff., oder<br />

1974, S. 246 ff.).<br />

Man könnte geneigt sein, in diesen Unterschieden eine Neuauflage der<br />

Debatte über Erklären <strong>und</strong> Verstehen in den Geschichts- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften<br />

zu sehen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn wenn man davon<br />

ausgeht, daß zu den zentralen Fragen der Erklären vs. Verstehen-Debatte<br />

gehören:<br />

1. die Frage nach der Relevanz deduktiv-nomologischer Erklärungen<br />

<strong>und</strong><br />

2. die Frage nach der Relevanz von Erklärungen, in denen nach Handlungsintentionen,<br />

Situationsdeutungen <strong>und</strong> Vorstellungen über Zweck-<br />

Mittel-Relationen gefragt wird, die man auch als verstehende oder „ra-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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