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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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gesetzestechnischen Bedürfnissen; lakonisch stellte er fest: „... gleiche Verpflichtung<br />

(ist) keineswegs „dieselbe" Verpflichtung; Gleichberechtigung<br />

bedeutet nicht Identität der Rechtspositionen" (Bosch 1958, S. 83).<br />

Diese Hinweise sind wichtig zum Verständnis der historischen Entwicklung<br />

der familialen Arbeitspflicht von Ehefrauen. In neutralen Begriffen<br />

wurde die traditionelle Aufspaltung der Nutzung weiblicher Arbeitskraft<br />

zwischen Familie <strong>und</strong> Erwerbswirtschaft festgeschrieben, deren historische<br />

Wurzeln verschleiert, die noch in der agrarischen <strong>und</strong> handwerklichen Familienökonomie<br />

voll dem Familienvorstand <strong>und</strong> Eigentümer der Produktionsmittel<br />

zufiel <strong>und</strong> die partiell bis in die 50er Jahre erhalten blieb, heute<br />

jedoch rapide zurückgeht. Die Verfügung über <strong>und</strong> Nutzung von weiblicher<br />

Arbeitskraft verlagerte sich im Laufe der Industrialisierung; in dem Jahrzehnt<br />

zwischen 1950 <strong>und</strong> 1961 wurde der Wandel in den Arbeitsbedingungen<br />

von Ehefrauen <strong>und</strong> Müttern besonders deutlich. Die Erwerbsquote von<br />

Ehefrauen im erwerbsfähigen Alter stieg von 26,4% auf 36,5%. Im gleichen<br />

Zeitraum fiel der Anteil der mithelfenden Ehefrauen an allen Ehefrauen<br />

von 15,4% auf 12,7%, gleichzeitig stieg der Anteil der marktförmig erwerbstätigen<br />

Ehefrauen an allen Ehefrauen von 9,6% auf 21,1% — Zeichen für<br />

den Rückgang familienförmig organisierter <strong>und</strong> für die Zunahme marktförmig<br />

vermittelter Erwerbstätigkeit von Ehefrauen. Im Vergleich betrug 1980<br />

der Anteil der marktbezogenen erwerbstätigen Ehefrauen an allen Ehefrauen<br />

<strong>35</strong>,9%, der Anteil der mithelfenden Ehefrauen an allen Ehefrauen<br />

4,7%, erwerbstätig waren somit 40,6% aller Ehefrauen (Müller/Willms/Handl<br />

1983, S. <strong>35</strong>).<br />

Die zunehmende Aufspaltung <strong>und</strong> gleichzeitige Mehrbelastung weiblicher<br />

Arbeitskraft zwischen Familie <strong>und</strong> Beruf war in den 50er Jahren Anlaß<br />

zu ersten familienpolitischen Interventionen. Durchaus in Übereinstimmung<br />

mit familiensoziologischen <strong>und</strong> -rechtlichen Positionen sollte die Ehefrau<br />

<strong>und</strong> Mutter für Sozialisationsleistungen <strong>und</strong> Hausarbeit zur Verfügung<br />

stehen. Mit Recht beklagt wurde die finanzielle Belastung von Familien mit<br />

Kindern, gefordert wurde die Umverteilung von Familienlasten auf diejenigen,<br />

die offensichtlich von den Anstrengungen der Familien mit Kindern<br />

profitierten — Ledige <strong>und</strong> kinderlose Ehepaare.<br />

Daß sie profitierten, ergab sich mühelos aus der Systematik des Rentenversicherungsrechts.<br />

Die 1957 vollzogene Umstellung auf ein Umlageverfahren<br />

der Aufwendungen, mit dem die Erwerbstätigen die nicht mehr Erwerbstätigen<br />

über Transferzahlungen „unterhielten", legte den Gedanken<br />

nahe, daß diejenigen, die Kinder <strong>und</strong> damit künftige Beitragszahler aufziehen,<br />

eine Leistung zur Sicherung des Gesellschaftsganzen <strong>und</strong> seiner Mitglieder<br />

erbringen, der sich Kinderlose entziehen. Der — nicht honorierte —<br />

Beitrag der Mutter durch unentgeltliche Leistungen wurde akklamativ herausgestellt,<br />

deren eigenständige soziale Sicherung jedoch nicht angestrebt.<br />

Folgerichtig entstanden erste Pläne für einen „Drei-Generationen-Vertrag"<br />

, der die finanzielle Entlastung von Familien mit Kindern mit der Finanzierung<br />

von Altersrenten durch Erwerbstätige verbinden sollte. 9 Heute<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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