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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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gerneinerungsfähigen Modernisierungspolitik zu sehen, die es bei allem<br />

Wenn <strong>und</strong> Aber auch politisch zu unterstützen gilt?<br />

3. Und schließlich: Heißt die in den Thesen von Kern/Schumann enthaltene<br />

Aufforderung zu einer Ex-ante-Empirie <strong>und</strong> zu vorausschauender<br />

Interpretation, daß die Industrie<strong>soziologie</strong> ihr Selbstverständnis <strong>und</strong> ihre<br />

theoretischen Prämissen allein deshalb zum alten Eisen werfen muß?<br />

Um die erste Frage zu beantworten, ist es notwendig, sich über einen<br />

Schlüsselbegriff der Konzeption von Kern/Schumann klar zu werden, nämlich<br />

über den Stellenwert der „neuen Produktionskonzepte". Bilden die Planungen<br />

<strong>und</strong> policies des Managements wesentliche Inhalte ab, die einer veränderten<br />

Struktur der Kapitalverwertungsstrategien entsprechen, bringen<br />

sie also einen Paradigmenwechsel zum Ausdruck? Unterstellt man allerdings<br />

nicht von Anfang an einen Gleichklang zwischen Managementkonzeptionen<br />

<strong>und</strong> der realen Durchsetzung von Strategien der Kapitalverwertung, dann<br />

wird die Frage nach dem Realitätsgehalt von „neuen Produktionskonzepten"<br />

zum Prüfstein einer darauf aufbauenden, vorausschauenden Industrie<strong>soziologie</strong>.<br />

Nun entsprechen die „neuen Produktionskonzepte" in ihrem Inhalt ja<br />

vielfach Bef<strong>und</strong>en, die andere <strong>und</strong> auch unsere eigenen Analysen veränderter<br />

Formen der Nutzung von Arbeitskraft zutage gefördert haben. Als<br />

Stichworte seien genannt: die These der facharbeitergestützten Rationalisierung<br />

oder die These einer qualitativ veränderten Leistungspolitik im Zusammenhang<br />

mit Maßnahmen der Arbeitsstrukturierung. Nur berechtigen<br />

diese Bef<strong>und</strong>e nicht — <strong>und</strong> damit beginne ich mit meiner ersten Gegenthese<br />

—, von einem Paradigmenwechsel kapitalistischer Rationalisierung zu<br />

sprechen. Das, was wir beobachten, ist ein Formwandel kapitalistischer<br />

Rationalisierung insofern, als Formen der Nutzung von Arbeitskraft entwickelt<br />

<strong>und</strong> durchgesetzt werden, die die immanenten Schranken tayloristischer<br />

<strong>und</strong> fordistischer Produktionsmodelle zu überwinden trachten oder<br />

aber den Einsatz des Arbeitsvermögens an den veränderten Nahtstellen der<br />

Mensch-Maschine-Systeme neu bestimmen. Es ist nun wahrlich keine neue<br />

Einsicht, daß die Betriebe beim erweiterten Zugriff auf das Arbeits- <strong>und</strong><br />

Leistungsvermögen vorhandene oder verfügbare Qualifikationen nutzen<br />

oder sie als Überschußqualifikation bereithalten, ja in den Grenzen ihrer<br />

Nutzungsinteressen Qualifikationen auch neu aufbauen. Darin kommt aber<br />

kein „an die Substanz gehender" arbeitspolitischer Paradigmenwechsel zum<br />

Ausdruck, sondern in der Tat die unveränderte Logik der Kapitalverwertung,<br />

die darin besteht, auf dem jeweils erreichten Niveau der Produktivkraft<strong>entwicklung</strong><br />

die historisch gegebenen Schranken der Nutzung von Arbeitskraft<br />

hinauszuschieben. In diesem Sinne war auch in der Vergangenheit<br />

das „Residuum lebendiger Arbeit" niemals nur potentieller Störfaktor;<br />

lebendige Arbeit wird immer zu einem Störfaktor nur insoweit, als die historisch<br />

durchgesetzten Formen ihrer Nutzung die Verwertungsstrategien<br />

des Kapitals beschränken.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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