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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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auf einen kulturellen Lebensstil deutet, so führt dies nicht zu einer Differenzierung,<br />

sondern zu einer Angleichung bis hin zu einer — wenn man so<br />

will — Überangleichung der beiden Bildungsgruppen. Die Lebensstil-Hypothese<br />

wird durch „Leben als Aufgabe", die Nivellierungshypothese durch<br />

„Leben ohne Arbeit", die Globaltrend-Hypothese durch „intrinsische Arbeitsqualität"<br />

bestätigt. Warum finden wir diese Unterschiede bei Indikatoren<br />

des gleichen Wertes Leistung?<br />

Die Erklärung liegt in der unterschiedlichen Allgemeinheitsstufe der<br />

Konzepte, die in den Frageformulierungen hervorgerufen werden. „Leben<br />

als Aufgabe" evoziert eine umfassende Wertorientierung, die von den realen<br />

Lebensbedingungen des Befragten abgehoben sein kann. „Leben ohne Arbeit"<br />

evoziert zwar den spezifischen Lebensbereich der Arbeit, ohne aber<br />

auf spezifische Dimensionen der Arbeit einzugehen. „Intrinsische Arbeitsqualität"<br />

evoziert spezifische Dimensionen des Lebensbereichs Arbeit. Je<br />

allgemeiner nun die evozierten Konzepte, desto mehr kann die Antwort<br />

durch kulturelle Bedingungen, durch den Lebensstil beeinflußt werden; je<br />

konkreter die evozierten Konzepte, desto mehr wird die Antwort durch<br />

strukturelle Bedingungen, durch Lebenschancen geprägt. „Leben als Aufgabe"<br />

ist daher sensibel für die unterstellte Gewichtsverlagerung der Bedeutungskomponenten<br />

von Bildung zugunsten des Lebensstils; es gibt keine<br />

objektiven Anhaltspunkte, keine Lebenschancen, die die Antworten der Befragten<br />

einschränken könnten. Ähnliches gilt in abgeschwächter Form für<br />

„Leben ohne Arbeit". „Intrinsische Arbeitsqualität" aber wird nicht nur<br />

von Wert-Positionen, sondern auch von den faktischen Bedingungen in der<br />

Arbeit beurteilt; hier brechen sich die Vorurteile des Lebensstils an den<br />

Realitäten der Lebenschancen. Aus diesen konzeptuellen Unterschieden<br />

zwischen den Fragen wird es also verständlich, daß „Leben als Aufgabe"<br />

den unterstellten Wandel des Charakters von Bildung durch eine Umkehrung<br />

der Beziehung zu Werten, „Leben ohne Arbeit" durch eine Nivellierung<br />

der Beziehung zu Werten <strong>und</strong> „intrinsische Arbeitsqualität" überhaupt<br />

nicht widerspiegelt. So gesehen hat sich die Annahme eines Bedeutungswandelt<br />

der Bildung bewährt, wo sie überhaupt eine Chance zur Bewährung hatte:<br />

in Einstellungen, die relativ unabgelenkt durch die Erfahrung realer Lebensbedingungen<br />

Werte repräsentieren können. So gesehen haben bildungsabhängige<br />

Lebensstile ihren Niederschlag in der Bewertung von Leistung gef<strong>und</strong>en.<br />

Akzeptiert man diese Interpretation der unterschiedlichen Trends bei<br />

den drei Indikatoren für den Wert Leistung, so ergeben sich zwei Schlußfolgerungen.<br />

Als erstes muß man die Befürchtungen, die von vielen — etwa<br />

von Kmieciak (1976) <strong>und</strong> Noelle-Neumann (1978) — mit dem Rückgang<br />

des Wertes Leistung verknüpft wurden, nicht unbedingt teilen. Aus dem<br />

Rückgang des Wertes Leistung wird nämlich häufig auf einen Rückgang der<br />

tatsächlichen Bereitschaft zu Leistung geschlossen. Die Ergebnisse hier zeigen<br />

nun, daß zwar der Wert Leistung tatsächlich in allen Gruppen zurückgeht,<br />

daß aber der Rückgang bei den Indikator-Fragen besonders ausgeprägt<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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