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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Siebeis Unterscheidung zwischen „Familie" <strong>und</strong> „Ehe" als einer Institution<br />

öffentlichen Charakters dürfte es erlauben, den inneren Zusammenhang<br />

von Mutterschaft <strong>und</strong> unentgeltlicher Familienarbeit nicht nur im<br />

Rahmen normativer Vorstellungen aufzuzeigen, sondern gleichzeitig deren<br />

<strong>gesellschaftliche</strong> Institutionalisierung <strong>und</strong> ihren gesamtwirtschaftlichen<br />

Nutzen genauer auszuweisen. In der bürgerlichen Gesellschaft, so die hier<br />

vertretene These, erfolgt die Institutionalisierung dieser Arbeit über die<br />

rechtlich abgesicherte Verfügung des Mannes über die Arbeitskraft der<br />

Frau. Diese Form der Verfügung verlor im Zuge der Gleichberechtigungsgesetzgebung<br />

ihre Konturen, am materialen Gehalt hat sich demgegenüber<br />

nicht allzuviel geändert. Allerdings hat Jutta Li<strong>mb</strong>ach kürzlich davor gewarnt,<br />

die Orientierungskraft von Rechtsnormen zu überschätzen. Im Gr<strong>und</strong>e<br />

genommen würden Sitte <strong>und</strong> Norm gesellschaftsprägenderen Einfluß ausüben<br />

als diese (5). Der Hinweis ist wichtig, um der naiven Gleichsetzung<br />

von Rechtsnorm mit deren faktischer Handhabung vorzubeugen. Gleichzeitig<br />

besteht unbestreitbar ein struktureller Zusammenhang zwischen<br />

Rechtsnormen, die die Nutzung familialer — weiblicher — Arbeitskraft<br />

zur Sicherung bestimmter familialer „Funktionen" regulieren, <strong>und</strong> der<br />

<strong>gesellschaftliche</strong>n Situation von Haus- bzw. Ehefrauen, die durch den Ausschluß<br />

vom Zugang zu Tauschmitteln gekennzeichnet ist: individuell <strong>und</strong><br />

gesellschaftlich sind diese Rechtsnormen ähnlich folgenreich wie jene in<br />

Verbindung mit arbeitsvertraglichen Regelungen (ohne hier Arbeits- <strong>und</strong><br />

Ehevertrag gleichsetzen zu wollen). Wenn ich diese Parallele hier ziehe,<br />

dann zur Akzentuierung einer sozial-ökonomischen Dimension der bürgerlichen<br />

Familie, die bisher wenig erforscht ist: Im folgenden werden Verbindungslinien<br />

zwischen der Ehe als einer Einrichtung von öffentlichem<br />

Charakter <strong>und</strong> der Institutionalisierung unentgeltlicher Familienarbeit<br />

skizziert; andere — ähnlich wichtige — Fragestellungen bleiben zunächst<br />

ausgespart (6).<br />

Die Abhängigkeit des Familienrechts von den ökonomischen Bedingungen<br />

industrialisierter Gesellschaften wurde 1974 von Heinrich Dörner umfassend<br />

dargestellt; für die neuere Entwicklung sei auf die Ausführungen<br />

von Sachße/Tennstedt (1982) verwiesen. Ähnlich der Familien<strong>soziologie</strong>,<br />

die mütterliche Sozialisationsleistungen zwar nicht mehr als „naturgegeben"<br />

betrachtet, allerdings nach wie vor die Frage nach den Gründen <strong>und</strong> Mechanismen<br />

geschlechtlicher Arbeitsteilung ausspart, vernachlässigen jedoch<br />

auch diese Autoren die Analyse des Sachverhalts, der hier zu akzentuieren<br />

versucht wird: daß Verfügungen über den Einsatz von Arbeitskraft nicht allein<br />

Merkmal der Markt-, sondern ebenso der Familien-Ökonomie sind.<br />

Bereits im Allgemeinen Landrecht der Preußischen Staaten (ALR) galten<br />

Mütter als zuständig für die Kinderaufzucht, im Rahmen der Festlegung,<br />

daß Ehefrauen ihre Arbeitskraft der Familie (<strong>und</strong> deren „Oberhaupt")<br />

als Wirtschafts- <strong>und</strong> Lebensgemeinschaft zur Verfügung stellen mußten; die<br />

Ausübung außerhäuslicher Arbeit <strong>und</strong> eigene Gewerbetätigkeit unterlagen<br />

der Genehmigung durch den Ehemann. Die Arbeits- <strong>und</strong> Dienstpflicht der<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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