07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

um einen zentralen Prozeß oder Zweck herum konstruiert, der als Abgrenzungskriterium<br />

dient. Es wäre aber wichtig, Verflechtungszusammenhänge<br />

als Netzwerk aus Netzwerken zu sehen, als Ergebnis der Überlagerung verschiedener<br />

Handlungssysteme. Schließlich bestehen die analysierten Netzwerke<br />

i.d.R. auch nur aus formalen Organisationen, während die nicht or­<br />

47<br />

ganisierten Bestandteile realer Verflechtungszusammenhänge, die Wechselbeziehungen<br />

der Organisationen mit dem je eigenen Publikum aus Haushalten<br />

<strong>und</strong> Einzelpersonen fehlen.<br />

Wenn der Netzwerkansatz entsprechend erweitert würde, ließe er sich<br />

auch für die vergleichende empirische Analyse der Binnenstruktur verschiedener<br />

funktioneller Teilsysteme <strong>und</strong> ihres Wandels verwenden. Da die in sozialen<br />

Netzwerken ablaufenden Interaktionen die ganz konkreten Wechselwirkungsprozesse<br />

nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen verschiedenen<br />

funktionellen Teilsystemen der Gesellschaft darstellen, ist der Ansatz<br />

schließlich auch geeignet, das systemtheoretische Gesellschaftsmodell empirisch<br />

zu konkretisieren. Die Analyse der Struktur einzelner Politiksektoren<br />

(policy sectors) ist ein Schritt auf diesem Wege. Dabei läßt sich dann<br />

48<br />

auch die Rolle von Vermittlungsinstanzen berücksichtigen, die an der Grenze<br />

zwischen mehreren Teilsystemen angesiedelt sind <strong>und</strong> die in jüngster Zeit<br />

auch außerhalb des Kreises der Neokorporatismusforscher Aufmerksamkeit<br />

gef<strong>und</strong>en haben. 49<br />

•Die Analyse verzweigter <strong>und</strong> mehrgliedriger Abhängigkeitsbeziehungen,<br />

die zu nicht ohne weiteres vorhersehbaren Neben- <strong>und</strong> Fernwirkungen einzelner<br />

Ereignisse führen, haben sich andere Forschungsrichtungen zum Thema<br />

gewählt, für die hier die Technologiefolgenabschätzung (TA) stehen<br />

kann. Wenn auch in vielen der auf praktische Politikberatung abzielenden<br />

TA-Studien die Bewertung <strong>und</strong> gegenseitige Aufrechnung positiver <strong>und</strong> negativer<br />

Technikfolgen im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, geht es doch<br />

prinzipiell um Versuche der Rekonstruktion oder auch Antizipation jener<br />

Kausalketten, die die Ausbreitung <strong>und</strong> die Folgen der Nutzung einer neuen<br />

Technik bestimmen. Das zuvor skizzierte Paradigma paßt auf diese Prozesse<br />

insofern besonders gut, als die interessierenden Technikfolgen Aggre­<br />

50<br />

gateffekte <strong>und</strong> mittelbare Wirkungen des motivierten Handelns von Produzenten<br />

<strong>und</strong> Anwendern sind, die mit ihrem Tun auf die Gegebenheiten der<br />

eigenen Handlungssituation reagieren. Die <strong>gesellschaftliche</strong>n Folgewirkungen<br />

ihres Handelns sind von diesen Motiven entkoppelt <strong>und</strong> werden weitgehend<br />

von anderen, den Nutzungsmodus prägenden Kontextfaktoren bestimmt.<br />

Allerdings schenken die meisten TA-Studien dem strukturellen<br />

Substrat <strong>und</strong> dem Prozeßcharakter der von ihnen untersuchten Auswirkungen<br />

keine besondere Aufmerksamkeit. Die Prozesse hängen, sozialwissenschaftlich<br />

gesprochen, in der Luft, wodurch Abschätzungen des Auftretens<br />

oder Ausbleibens bestimmter, bereits vorher als abhängige Variable definierter<br />

Folgewirkungen dem Leser auch leicht als unzureichend begründet, ja<br />

als Resultat der Methode „II x Daumen" erscheinen. Es käme also darauf<br />

an, das Nachzeichnen vielgliedriger Wirkungsketten systematisch mit einer<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!