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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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genden Wert die leistungsgerechte Entlohnung jeder Arbeit (<strong>und</strong> jedes Produktionsfaktors)<br />

für sich in Anspruch nimmt. Um es noch einmal zu betonen:<br />

Kritik gilt nicht der Tatsache, daß in dieser Gesellschaft nicht alle Leistungen<br />

entgolten werden, sondern daß eine Interdependenz zwischen entgeltlicher<br />

<strong>und</strong> unentgeltlicher Arbeit existiert — primär in der Familie —,<br />

die diejenigen von der Partizipation an monetären <strong>und</strong> prestige-trächtigen<br />

Gratifikationen ausschließt, die sie ausüben, <strong>und</strong> daß diese Trennungslinie<br />

zwischen den Geschlechtern verläuft.<br />

In den Gründerjahren der deutschen Familien<strong>soziologie</strong> sprach man<br />

noch emphatisch von der Frau als Sachverwalterin <strong>und</strong> Hüterin des Haushalts,<br />

vom Hauptberuf der Frau als Hausfrau <strong>und</strong> Mutter, von der Frau als<br />

Wahrerin der familialen Gesamtinteressen (Wurzbacher 1952, Schelsky<br />

1953, Oeter 1954, Mayntz 1955). Lediglich Rene König fragte kritisch,<br />

wieso Mutterschaft <strong>und</strong> Hausfrauentätigkeit für die Frau ein Beruf sein soll:<br />

Indem man deren biologische Funktion zu einem Beruf erhob, habe das<br />

Verhältnis der Geschlechter die vielleicht verhängnisvollste Belastung der<br />

Geschichte erfahren (König 1967, S. 34).<br />

Die zunächst intuitive Verbindung von Hausfrauentätigkeit <strong>und</strong> Mutterschaft<br />

in Politik <strong>und</strong> Wissenschaft wurde von Soziologie <strong>und</strong> Haushaltswissenschaften<br />

in späteren Jahren aufgegriffen, so im Rahmen der Frage, warum es<br />

selbstverständlich sei, daß allein die Ehefrau <strong>und</strong> Mutter für Kinderversorgung<br />

<strong>und</strong> Haushalt als zuständig erklärt werde. Rosemarie v. Schweitzer wies wiederholt<br />

auf die Zeitgeb<strong>und</strong>enheit dieses Sachverhaltes hin <strong>und</strong> betonte, durch<br />

die Geschichte hindurch sei zu beobachten, daß diese Arbeiten stets rangniederen<br />

Personen übertragen wurden (Schweitzer 1981, S. 179).<br />

Einer soziologischen Erklärung dieses Sachverhaltes bereitete Friedhelm<br />

Neidhardt den Weg, als er sich Anfang der 70er Jahre mit dem Bedarf<br />

an <strong>gesellschaftliche</strong>n Normen befaßte, die die für das Kind notwendigen<br />

Dauerpflegeleistungen als moralische Verpflichtung einer bestimmten <strong>gesellschaftliche</strong>n<br />

Gruppe definieren: Am leichtesten begründbar sei sie für<br />

die Mutter, denn diese habe schließlich das Kind in die Welt gesetzt (Neidhardt<br />

1970). Mehr als zehn Jahre später erweiterte Hartmann Tyrell diesen<br />

Gedanken um die Fragestellung, wie stark eine Gesellschaft das Prinzip der<br />

„leiblichen Elternschaft" institutionalisiere <strong>und</strong> hierüber die Zuständigkeiten<br />

für die Kinderaufzucht reguliere. Die funktionale Differenzierung von<br />

Betrieb <strong>und</strong> Familie sei in der bürgerlichen Kultur mit familialer Arbeitsteilung<br />

verknüpft, die die Frau auf Haushalt <strong>und</strong> Kinder verweise, legitimiert<br />

über die natürlichen Mutterpflichten (Tyrell 1981). Dieses Argument<br />

ging über Neidhardts Position hinaus, indem der Bedarf an <strong>gesellschaftliche</strong>n<br />

Normen mit der Notwendigkeit institutioneller Arrangements zur<br />

Sicherung dieser Arbeitszuweisung verb<strong>und</strong>en wurde. In jüngster Zeit wurde<br />

— aus konservativer Perspektive — ein weiteres Argument vorgetragen,<br />

das möglicherweise zu aussagekräftigen Ergebnissen führt: Die Dauerpflegeleistungen<br />

von Müttern als Bestandteil familialer Funktionen seien eigentliche<br />

solche der Ehe (Siebel 1984).<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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