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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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wie vor als angemessene Betreuerin „ihrer" Kinder, rechtlich gilt die familiale<br />

Arbeitsteilung als frei vereinbar unter Ehepartnern <strong>und</strong> Eltern.<br />

Vom Regelfall abweichende Arrangements sind möglich — nur nicht häufig<br />

<strong>und</strong> konterkariert von <strong>gesellschaftliche</strong>n Rahmenbedingungen. Nach dem<br />

Aufbrechen der legalen Bindung unentgeltlicher Frauenarbeitskraft an die<br />

Familie wird heute unterschwelliger über sie verfügt, Jutta Li<strong>mb</strong>ach hat<br />

auf entsprechende juristische Praktiken hingewiesen (Li<strong>mb</strong>ach 1981).<br />

Institutionelle Arrangements zur Sicherung familialer Reproduktionsleistungen<br />

existieren nach wie vor, Eltern sind für die Aufwendungen <strong>und</strong><br />

Arbeitsleistungen der Kinderaufzucht verantwortlich. Sie sind jedoch nicht<br />

mehr eindeutig <strong>und</strong> ausschließlich an die Arbeitskraft der Ehefrau <strong>und</strong><br />

Mutter geb<strong>und</strong>en. Diese Entwicklung läßt sich als institutionelles Aufbrechen<br />

geschlechtlicher Arbeitsteilung interpretieren, begleitet von anderen<br />

<strong>gesellschaftliche</strong>n Veränderungen: Zunahme der Teilzeitarbeit von<br />

Ehefrauen, Bewußtseinsveränderungen im Zuge der Frauenbewegung.<br />

Frauen sind heute aber nach wie vor, allerdings subtiler, auf die Familie<br />

verwiesen: es gibt Mutterschaftsurlaub, nicht solchen für Väter, Frauenarbeit<br />

ist schlechter bezahlt als Männerarbeit <strong>und</strong> unzureichend zur materiellen<br />

Existenzsicherung, Industrie <strong>und</strong> Gewerbe rechnen nach wie vor<br />

mit der vollen Verfügung über Arbeitskraft, die sich an der von Familienarbeit<br />

entlasteten männlichen Normalbiographie orientiert, Männer zeigen<br />

wenig Interesse an Familienaufgaben. Ehefrauen <strong>und</strong> Mütter unterliegen<br />

insofern einem ungebrochenen strukturellen Zwang zur unentgeltlichen<br />

Arbeit. Allerdings sind sich Frauen der Konsequenzen heute durchaus bewußt:<br />

Lücken in der Arbeits- <strong>und</strong> Rentenbiographie, verschlechterte<br />

Chancen des Zugangs zum Arbeitsmarkt, niedrige Bezahlung in ungeschützten<br />

Beschäftigungsverhältnissen mit der Folge der Armut beim<br />

Scheitern der Ehe <strong>und</strong> im Alter. Frauen durch Mutterschaft an die Familie<br />

binden zu wollen, hat ebenso an Überzeugungskraft eingebüßt. So ist die<br />

Vermutung plausibel, daß Frauen, vor die Alternative „Mutterschaft oder<br />

Beruf" gestellt, sich für den Beruf <strong>und</strong> gegen Kinder entscheiden werden,<br />

zumindest gegen mehr als ein Kind.<br />

Gibt es einen Ausweg aus dem Dilemma? Nicht-marktförmig organisierte<br />

Arbeitsleistungen sind gesellschaftlich notwendig, daran besteht kein<br />

Zweifel. Um sie den Frauen nicht auch in Zukunft zuzuschreiben, kann eine<br />

Lösung des Problems allein im sukzessiven Abbau <strong>und</strong> letztlich in der<br />

Aufhebung geschlechtlicher Arbeitsteilung bestehen. Nicht nur Frauen<br />

würden davon profitieren, auch Männer: die ökonomische Sicherung der<br />

Familie <strong>und</strong> die Arbeit in ihr würden auf beide verteilt, dem Problem des<br />

nachehelichen Unterhalts die Schärfe genommen, die Integration der<br />

Frau ins Berufsleben neue Formen von Partnerschaft ermöglichen. Kurzfristig<br />

geht es um Änderungen im System sozialer Sicherung, die die Diskriminierung<br />

derjenigen beseitigen, die unentgeltliche Leistungen erbringen<br />

(z.B. Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung),<br />

um mehr familienergänzende soziale Dienste, insgesamt um den Ausbau<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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