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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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eher abträglich <strong>und</strong> zerstörerisch, aber dieser Vorgang ließ sehr deutlich das<br />

riskante Moment sichtbar werden, das in dem Versuch begründet liegt, politischen<br />

Bewegungen mit den Mitteln des Strafrechts <strong>und</strong> seiner Instanzen<br />

zu begegnen.<br />

Damit ich nicht mißverstanden werde: es gab genügend Anlässe <strong>und</strong><br />

Handlungen auf Seiten der Studentenbewegung, die unter strafrechtliche<br />

Tatbestände mühelos zu subsumieren waren — Hausfriedensbruch, Nötigungen,<br />

Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Verstöße gegen das Strafrecht <strong>und</strong><br />

seine Nebengesetze, Ordnungswidrigkeiten. Und es gab die sog. Strategie<br />

der begrenzten Regelverletzungen.<br />

Das aber ist nicht der entscheidende Punkt. Soziologisch allein interessant<br />

<strong>und</strong> politisch relevant scheint mir die Tatsache zu sein, daß deren<br />

staatliche Verfolgung der Studentenbewegung nicht das politische Wasser<br />

abzugraben vermochte, sondern das Protestpotential eher stärkte. Ja, man<br />

kann sagen, daß die Strategie der begrenzten Regelverletzung sich aus der<br />

Sicht der Bewegung rentierte. Man könnte diesen Effekt Überreaktionsgewinne<br />

von Regelverletzung politischer <strong>und</strong> sozialer Bewegungen nennen, die<br />

darauf zurückführbar sind, daß in solchen Fällen die strafrechtlich-repressive<br />

Reaktion als ,,Überreaktion" darstellbar ist, ganz unabhängig von der<br />

Frage der subsumtionslogischen <strong>und</strong> legalen Korrektheit oder Unkorrektheit<br />

der staatlichen Maßnahmen.<br />

Will man den Unterschied <strong>und</strong> die herzustellende Verknüpfung zwischen<br />

Studentenbewegung <strong>und</strong> Terrorismus auf eine griffige Pointe bringen,<br />

so läßt sich dies unter Rückgriff auf die eingangs schon erwähnte Figur des<br />

sog. Sympathisanten tun, die ja in der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus<br />

eine zentrale Rolle spielte. Sympathisanten der Studentenbewegung<br />

gab es natürlich auch, <strong>und</strong> es gab sie zahlreicher, vor allem aber <strong>und</strong><br />

anders als zur Zeit des Terrorismus: zur Zeit der Studentenbewegung gab<br />

es keinen Anlaß, sich dieses Etiketts zu erwehren, im Gegenteil: man konnte<br />

sich seiner eher rühmen, <strong>und</strong> man konnte damit auch politische <strong>und</strong> andere<br />

Karriere machen. Man kann diesem Gedanken noch eine andere Wendung<br />

geben <strong>und</strong> sagen, daß sich zur Zeit der Studentenbewegung das Zwar<br />

ihrer politischen Anliegen <strong>und</strong> Inhalte nicht durch das Aber ihrer regelverletzenden<br />

Aktionsformen bändigen oder kontrollieren ließ, wohingegen der<br />

Terrorismus gerade dies ermöglichte. Was nichts anderes heißt, als daß die<br />

politischen Inhalte entweder wieder zurückzuversetzen waren in die Welt<br />

der wissenschaftlichen Rhetorik <strong>und</strong> des politischen Rituals oder sie ganz<br />

zum Schweigen zu bringen waren.<br />

c) Die Analyse von Eskalationsprozessen <strong>und</strong> der Rolle der Gewalt in<br />

ihnen<br />

Dem skizzierten Unterschied zwischen Studentenbewegung <strong>und</strong> Terrorismus<br />

in bezug auf die Effektivität staatlicher <strong>und</strong> strafrechtlicher Kontrolle<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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