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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Lohnakkordsystem verb<strong>und</strong>en ist. Auch hierdurch werden Dispositionen<br />

begünstigt, die in Richtung der Selbstthematisierung <strong>und</strong> der Selbstentfaltung<br />

verlaufen.<br />

Solche Dispositionen erfahren nun aber erhebliche weitere Stützungen<br />

durch eine Vielzahl von ,,Situations"-Merkmalen, welche sich mit der Lerntätigkeit<br />

verbinden.<br />

So ist der oder die Lernende typischerweise von der Verantwortung für<br />

die Folgen aktuellen Handelns freigesetzt. Die Mitschüler oder Kommilitonen<br />

leiden nicht darunter, wenn er oder sie in einer Klausur versagt. Er oder<br />

sie selbst ist letztlich auch dazu aufgerufen, aus Leistungserfolgen oder -mißerfolgen<br />

Konsequenzen abzuleiten. Wenn dagegen im BAT (im B<strong>und</strong>esangestelltentarif<br />

also) von „verantwortungsvoller Tätigkeit" die Rede ist, dann<br />

geht es immer nur um die Frage, ob jemand dazu in der Lage ist, ohne direkte<br />

Anleitung <strong>und</strong> Beaufsichtigung etwas zu tun, was sich berechenbar<br />

<strong>und</strong> präzise in den Leistungszusammenhang eines Betriebs einfügt <strong>und</strong> was<br />

selbstverständlich einer hierauf abstellenden Erwartungsnorm, Kontrolle<br />

<strong>und</strong> Bewertung unterliegt. Auch im Bereich der Verantwortungsdefinition<br />

stoßen wir in Bildungseinrichtungen also auf den Sachverhalt eines im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehenden Selbstbezugs <strong>und</strong> Selbstentfaltungswerts der Tätigkeit,<br />

d.h. also auf die Hervorhebung des individuellen Persönlichkeitssystems als<br />

der Bezugsinstanz des einzelnen. Auch von hierher läßt sich also von einer<br />

nachdrücklichen Förderung von Dispositionen für Selbstentfaltungswerte<br />

sprechen.<br />

Roland Eckert hat jüngst auf einen weiteren, in diesem Zusammenhang<br />

interessanten Aspekt, hingewiesen, auf die Freisetzung von Zwängen zur<br />

arbeitsteiligen Kooperation nämlich, von denen in der Arbeitswelt höchstgradige<br />

Disziplinanforderungen ausgehen <strong>und</strong> die dort die Erhaltung von<br />

Pflicht- <strong>und</strong> Akzeptanzwerten begünstigen. Der Schüler <strong>und</strong> Student lernt<br />

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im Regelfall allein, <strong>und</strong> wenn er sich von Zeit zu Zeit mit anderen zu einer<br />

Arbeitsgruppe zusammenfindet, dann handelt es sich charakteristischerweise<br />

um ein Unternehmen auf Gegenseitigkeitsgr<strong>und</strong>lage, das nach dem<br />

Prinzip des Tausches von Hilfs- <strong>und</strong> Unterstützungsleistungen aufgebaut<br />

ist, das also wiederum den Selbstbezug voraussetzt <strong>und</strong> stabilisiert. Die<br />

Freiheiten der individuellen Themenwahl <strong>und</strong> der individuellen Auswahl<br />

von Lehrangeboten bestätigen diesen Sachverhalt sehr nachdrücklich.<br />

Ganz ähnlich verhält es sich nun aber auch hinsichtlich der Freisetzung<br />

von Zwängen zur Identifikation mit Organisationszielen, der sich zumindest<br />

die Inhaber gehobener Stellen in Unternehmungen <strong>und</strong> Behörden in der Regel<br />

nicht entziehen können. Natürlich gibt es auch in Schulen <strong>und</strong> Hochschulen<br />

ein „Organisationsklima", das Identifikationszwänge einschließt.<br />

Legt man die Bedingungen der B<strong>und</strong>esrepublik zugr<strong>und</strong>e, dann wird man allerdings<br />

kaum von einem starken Zwang zur Identifikation mit den Leistungserwartungen<br />

<strong>und</strong> Wissenschaftszielen von Lehrern <strong>und</strong> Dozenten sprechen<br />

können. Eher kommen hier die Gleichaltrigen, die „peers" zum Zuge.<br />

Im unmittelbaren Zusammenhang hiermit kann die relative Freisetzung von<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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