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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Klassencharakter des entstehenden Nationalstaates, die differentielle Betroffenheit<br />

sozialer Gruppen durch Staats- <strong>und</strong> Nationenbildung wieder ins<br />

Blickfeld gerückt. Das hat darüber hinaus innerhalb der Theorie der Modernisierung<br />

zu einer weniger „geradlinigen" Konzeptualisierung des Modernisierungsprozesses<br />

geführt. Die Folgen zeigen sich vor allem an der Diskussion<br />

eines Schlüsselkonzepts einer Theorie der Modernisierung, nämlich<br />

dem Konzept der Rationalisierung 2 .<br />

Mit der Problematisierung des Begriffs Moderne bzw. Modernisierung<br />

werden die Gr<strong>und</strong>annahmen der Modernisierungstheorie als solcher infragegestellt.<br />

Diese Kritik artikuliert sich — mehr oder weniger verschlüsselt —<br />

in der ästhetischen Kritik der Moderne. Sie sensibilisiert für die kulturellen<br />

Voraussetzungen von Modernität. Der Rekurs auf die kulturkritische<br />

Reflexion (<strong>und</strong> Zweifel an) der Moderne bietet sich deshalb als Schlüssel<br />

zu einer Rekonstruktion dessen, was kulturelle Modernität bedeutet, an.<br />

Diese Kritik macht einen affirmativen Begriff von Modernität schwierig.<br />

Denn man kann dann nicht mehr davon ausgehen, daß eine spezielle institutionelle<br />

Verkörperung dieser kulturellen Modernität (etwa das angloamerikanische<br />

politische System) ein Modellfall von Modernisierung sein<br />

könnte. Die so argumentierende alte Modernisierungstheorie ist der Versuch<br />

gewesen, einen bestimmten Entwicklungspfad festzuschreiben, eine hochselektive<br />

Form von Modernität als Inbegriff kultureller Modernität auszugeben.<br />

Erst der Blick auf die vor aller institutioneller Verkörperung gegebene<br />

kulturelle Form vermag die Gr<strong>und</strong>lagen von Modernität <strong>und</strong> die den<br />

Modernisierungsprozeß in seiner Richtung bestimmende kulturelle Dynamik<br />

zu erfassen 3 .<br />

Doch darf die Kritik des affirmativen Modernitätsbegriffs nicht den sozialen<br />

Ort vergessen machen, von dem aus diese Kritik gedacht <strong>und</strong> an den<br />

"diese Kritik gerichtet wird. Sie muß sich vielmehr in ein Verfahren soziologischer<br />

Objektivierung einlassen. Denn in der Art <strong>und</strong> Weise, wie die kulturelle<br />

Dynamik der Moderne von sozialen Klassen oder nationalen Gesellschaften<br />

„übersetzt" wird, reproduziert sich zugleich die objektive Struktur<br />

sozialer Ungleichheit, die mit der Modernisierung nicht verschwindet. Vielleicht<br />

besteht „Modernität" in der objektiven Differenz der Erfahrung von<br />

Modernität. Diese Differenz <strong>und</strong> ihre soziale Konstitution zu klären, das<br />

wäre dann der Gegenstand einer Modernisierungstheorie, die über die Klärung<br />

ihrer eigenen kulturellen Voraussetzungen hinausgehen will.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1 Zwei Referate konnten aus Raumgründen nicht zum Abdruck gelangen. Das Referat<br />

von van Liere (Groningen) beschäftigte sich mit dem Prozeß der Durchsetzung des<br />

modernen Staates, der unter Rückgriff auf ein Set nutzentheoretischer Annahmen<br />

<strong>und</strong> mit Hilfe eines historisch-komparativen Ansatzes erklärt werden sollte. Das Referat<br />

von Gleichmann (Hannover) beschäftigte sich mit einer Rekonstruktion der<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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