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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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len Erwerbstätigkeit profitierten andere — das staatliche Sozialsystem<br />

<strong>und</strong> das Kapital. Nur in eingeschränktem Maße partizipierten Hausfrauen<br />

<strong>und</strong> Mütter — ob erwerbsfähig oder nicht — an Sozialleistungen zur Sicherung<br />

ihrer Existenz.<br />

Diese Veränderungen einer spezifischen Form des Patriarchalismus<br />

waren nicht Gegenstand soziologischer Forschung. Gerade der von der<br />

kritischen Theorie diagnostizierte (patriarchal-kapitalistische) Autoritarismus<br />

entwickelter Industriegesellschaften wurde von der Familien<strong>soziologie</strong><br />

bestritten. Im Anschluß an Wurzbachers berühmte Untersuchung von<br />

11<br />

1952, auf die sich alle bekannten Werke jener Zeit beriefen, wurde demgegenüber<br />

der Abbau des patriarchalischen Familienleitbildes gefeiert;<br />

verstanden wurde darunter jedoch nicht der Abbau traditioneller Geschlechterrollen<br />

<strong>und</strong> Arbeitsteilung, sondern — auch hier in Übereinstimmung<br />

mit anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen — deren „partnerschaftliche"<br />

Anerkennung.<br />

Die sozio-ökonomische Situation von Frauen verbesserte sich in den folgenden<br />

Jahren ohne jeden Zweifel. Die 1977 vollzogene formalrechtliche<br />

Gleichstellung von Eheleuten bildete eine weitere Zäsur in der Aufweichung<br />

der Verrechtlichung der familialen Arbeitspflicht der Frau, diesmal jedoch unter<br />

völlig veränderten <strong>gesellschaftliche</strong>n Bedingungen: zunehmende Verknappung<br />

von Erwerbsarbeit, zunehmende Scheidungsziffern, abnehmende Geburtenraten,<br />

abnehmende Heiratswilligkeit, Abbau öffentlicher Leistungen.<br />

Im Vergleich zu den 50er Jahren gilt Frauenerwerbstätigkeit heute<br />

als Lebensperspektive; Frauen wollen beides, Beruf <strong>und</strong> Familie. Ehe <strong>und</strong><br />

Familie bieten Frauen heute keine lebenslange ökonomische <strong>und</strong> soziale<br />

Absicherung mehr; die Bedingungen, die seit Beginn der Industrialisierung<br />

allein für Proletarierinnen galten, haben sich mittlerweile verallgemeinert.<br />

Neben Ehe <strong>und</strong> Familie haben sich andere Formen der Lebensgestaltung<br />

etabliert — das sog. Single-Dasein, Paar-Beziehungen außerhalb der Ehe,<br />

Wohngemeinschaften. Diese Lebensformen verweisen Frauen auf eigene<br />

Erwerbstätigkeit, jedoch auch im Falle der ehelichen Bindung ist die Existenzsicherung<br />

der Frau über den Ehemann nicht mehr gewährleistet: Erwerbslosigkeit,<br />

Kurzarbeit, Reallohnsenkungen wirken als ökonomische<br />

<strong>und</strong> soziale Unsicherheitsfaktoren, die den Drang von Frauen in die Erwerbstätigkeit<br />

verstärken. Deshalb erstaunt es nicht, daß sich der Anteil<br />

verheirateter an allen erwerbstätigen Frauen in den letzten 25 Jahren nahezu<br />

verdoppelte, der Anteil von Müttern mit Kindern unter 15 Jahren<br />

fast verdreifachte. Die berufstätige Frau „ist heute älter, verheiratet <strong>und</strong><br />

Mutter" (Reichert/Wenzel 1984).<br />

Der zunehmenden Erwerbsorientierung von Frauen entspricht keine<br />

gleichgewichtige Familienorientierung der Männer — so das Ergebnis<br />

einer Vielzahl neuerer Studien (Glatzer/Herget 1984, Born/Vollmer 1983).<br />

Auf erwerbstätigen Ehefrauen <strong>und</strong> Müttern lastet nach wie vor Familien<strong>und</strong><br />

Erwerbstätigkeit, obwohl die familienrechtliche Zuweisung der Arbeitskraft<br />

der Frau an Legitimität eingebüßt hat. Faktisch gilt die Mutter nach<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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