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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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ziologie. Sie ist nicht ohne Wirkung <strong>und</strong> ohne Ergebnis. Obwohl diese Richtung<br />

eine apologetische Funktion erfüllt, ist ihre Rolle in der Modernisierung<br />

der offiziellen Ideologie nicht unwichtig. Obwohl sie von mir kritisiert<br />

wird, möchte ich ihre positive Funktion in der Modernisierung betonen. In<br />

<strong>gesellschaftliche</strong>n Veränderungen, wie sie zu diesem Begriff der Modernisierung<br />

gehören, besteht ein sehr enger Zusammenhang zwischen einer reformistisch-politischen<br />

Linie <strong>und</strong> der staatlichen Unterstützung der Soziologie.<br />

Und die Tatsache, daß von der dominierenden ungarischen Reformpolitik<br />

die apologetische, Richtung der Soziologie, gemessen an den Verhältnissen<br />

in den westlichen Staaten, eine erhebliche Unterstützung bekommt, wird<br />

von den unser Land besuchenden ausländischen Soziologen mit Bew<strong>und</strong>erung<br />

anerkannt.<br />

Die zweite große Richtung bedeutet schon einen Ausbruch aus diesen<br />

engen Rahmen <strong>und</strong> nimmt das Falsifizieren der nicht mehr haltbaren Thesen<br />

über dieses Gesellschaftssystem in Osteuropa auf sich. Das führte zuerst<br />

zu Kritik der Praxis <strong>und</strong> nicht der offiziellen Ideologie. Charakteristisch<br />

hierfür ist die von dem jugoslawischen sogenannten Praxiskreis geübte Kritik,<br />

dessen Mitglieder sich für die Ideologie der Selbstverwaltung engagieren<br />

<strong>und</strong> auf ihrer Gr<strong>und</strong>lage die Praxis kritisieren. Das kritische Verhalten<br />

führt jedoch notwendigerweise zur Kritik der Ideologie.<br />

Diese Richtung steht mit den Vertretern der offiziellen Ideologie <strong>und</strong><br />

der politischen Führung in einem unvermeidbaren Konflikt, allerdings hängen<br />

die Natur <strong>und</strong> die Schärfe dieses Konflikts davon ab, was für ein politischer<br />

Kurs in den einzelnen osteuropäischen Ländern dominiert. In Ungarn<br />

z.B. gab es zwischen 1972-1976, als die Periode der Reformfeindlichkeit<br />

bestand, vielfach Berufsverbote für kritische Soziologen. In dieser Periode<br />

wurden sehr viele begabte Kollegen in die Emigration gezwungen. Im<br />

Jahre 1978 hat eine neue Reformperiode begonnen <strong>und</strong> damit ist die Toleranz<br />

der Macht gegenüber den kritischen Soziologen gewachsen. Immer öfter<br />

erscheinen in den verschiedenen offiziellen Zeitschriften kritische soziologische<br />

Analysen <strong>und</strong> die kritischen Schriften, die in der zweiten Kultur,<br />

in dem sogenannten Samisdat, veröffentlicht werden, werden gewissermaßen<br />

von der Macht toleriert.<br />

Wenn ich vorher sagte, daß die positive Funktion der marxistischen Soziologie<br />

darin besteht, bei der Modernisierung dieser Gesellschaften behilflich<br />

zu sein, dann muß ich jetzt sagen, daß die kritische Soziologie eine<br />

sehr wichtige Rolle in der Vorbereitung der strukturellen Veränderungen,<br />

das heißt, der strukturellen Reformen spielt.<br />

Die dritte Antwort auf die Konflikte zwischen Macht <strong>und</strong> Soziologie<br />

ist die typische empirische Analyse einer empirischen Richtung, wo bei der<br />

Themenwahl solche Probleme vermieden werden, in denen es zu einem<br />

Konflikt zwischen überholten offiziellen Thesen <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong>r<br />

Wirklichkeit kommen könnte. Ein typisches Beispiel hierfür ist die internationale<br />

Freizeitforschung, an der sich viele osteuropäische <strong>und</strong> westliche<br />

Staaten beteiligten. Lange Jahre hindurch wurden dabei Dutzende von So-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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