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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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der „safeguards" <strong>und</strong> der „inhärenten Sicherheit" (Radkau 1963: 366ff.,<br />

369ff.).<br />

Doch der Prozeß ist offenbar nicht ab schließbar. Der Ausschluß natürlicher<br />

<strong>und</strong> sozialer Kontingenzen der <strong>gesellschaftliche</strong>n Bereitstellung von<br />

Energie erfordert den Anschluß an neue, umfassendere natürliche <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong><br />

Bedingungen. Naturseitig werden zum Beispiel die natürlichen<br />

Wärmehaushalte systemrelevant oder das Problem, mit zusätzlicher<br />

radioaktiver Strahlung umzugehen. Handlungsseitig ist nun mit Faktoren zu<br />

rechnen wie der Wissenschaftsintensität des Ingenieursystems (Häfele 1963,<br />

1974), der Disziplinierbarkeit des Bedienungspersonals, der Organisierbarkeit<br />

<strong>und</strong> Finanzierbarkeit langfristiger interorganisationeller Großprojekte<br />

(LaPorte 1984), der Steuerungskapazität des politischen Systems (Keck<br />

1984, 1985), der Tragfähigkeit des bestehenden Rechts (Roßnagel 1983),<br />

der Fähigkeit zur kulturellen Reinterpretation augenscheinlich kontextfrei<br />

funktionierender Systeme von Großartefakten (Wynne 1983).<br />

Die kernenergietechnische Entwicklung bringt also zunehmend neue<br />

natürliche <strong>und</strong> soziale Kontingenzen ins Spiel, für deren Bearbeitung verfügbare<br />

kognitive, institutionelle <strong>und</strong> sozialaffektive Handlungsmuster nicht<br />

(oder noch nicht) ausreichen. Sie ist aus diesen Gründen an einem schwierigen<br />

Punkt ihrer Entwicklung angekommen; fraglich ist insbesondere der<br />

mögliche Übergang zur Brüter- oder Fusionstechnik. Es wäre aber unvorsichtig<br />

zu glauben, das kerntechnische Projekt sei an diesen Problemen<br />

endgültig gescheitert. Sofern bestimmte wissenschaftlich bereitzustellende<br />

Konstruktionspotentiale <strong>und</strong> gesellschaftlich — in Teilen vielleicht auch<br />

sozialwissenschaftlich — bereitzustellende Kontroll- <strong>und</strong> Verarbeitungspotentiale<br />

mobilisiert werden, kann es zu einem weiteren Ausbau kommen<br />

— wenn auch nicht unbedingt hierzulande (Collingridge 1984).<br />

Im Fall der Mikroelektronik haben wir es mit einem fortschreitenden<br />

Übergang von Prozessen der Informationsverarbeitung, die im Medium<br />

natürlicher Sprachen <strong>und</strong> dafür geeigneter stofflicher Träger bewerkstelligt<br />

werden, zu einer Verarbeitung im Medium maschinell realisierter artifizieller<br />

Sprachen <strong>und</strong> entsprechender Datenträger zu tun. Die vor allem formalwissenschaftlich<br />

zu leistende Entwicklung <strong>und</strong> Weiter<strong>entwicklung</strong> solcher<br />

Sprachen, ihre mikroelektronische Implementierung <strong>und</strong> die industrielle<br />

Produktion entsprechender Geräte bzw. Netze ermöglichen wiederum<br />

zweierlei: Auf der Seite der organischen Natur werden in wachsendem<br />

Umfang von menschlichen Organismen abzuwickelnde Informations<strong>und</strong><br />

Kommunikationsprozesse substituiert; auf der Handlungsseite werden<br />

Prozesse geistiger Arbeit <strong>und</strong> tradierter sozialer Kommunikation sowie eine<br />

Unzahl von organisatorischen Strukturen substituiert (z.B. Steinmüller<br />

1982).<br />

Prinzipiell wäre diese Technik abgeschlossen mit der Möglichkeit, hermeneutische<br />

Kommunikationsprozesse durch technische, d.h. auf maschinell<br />

implementierbaren Regeln basierende Kommunikation zu ersetzen.<br />

Vorläufig kulminiert die Entwicklung in der Konstruktion von Denkappara-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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