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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Die abschließenden Überlegungen zur Selbsttransformation kapitalistischer<br />

Gesellschaften laufen darauf hinaus, zu plausibilisieren, daß ein solches Gesellschaftssystem<br />

Überlebensmöglichkeiten gerade dadurch steigert, daß es<br />

sich nicht „rein" verwirklicht, sondern mit systemfremden Elementen<br />

mischt.<br />

III.<br />

In der Tradition von Marx bis Weber wird das Zentrum des Kapitalismus im<br />

„Gegensatz von Kapital <strong>und</strong> Arbeit", der „Organisation von formell freier<br />

Arbeit" etc. erblickt. Ich möchte im folgenden nicht die Berechtigung solcher,<br />

das Kapital-Arbeitsverhältnis ins Zentrum stellender Analysen bestreiten,<br />

sondern dieses als die Schlüsselgröße eines umfassenderen Modernisierungsprozesses<br />

interpretieren, dessen abstrakte Gr<strong>und</strong>züge es jetzt zu vergegenwärtigen<br />

gilt.<br />

Bereits Marx hat diesen Modernisierungsprozeß als einen Freisetzungs-,<br />

Autonomisierungs- <strong>und</strong> Verselbständigungsprozeß beschrieben. Die auf ihn<br />

folgende Literatur hat wenig mehr getan, als die einzelnen Facetten dieses<br />

Freisetzungsprozesses hervorzuheben <strong>und</strong> auszuarbeiten. Was in der „great<br />

transformation" (Polanyi 1944) abläuft, ist im Gr<strong>und</strong>e genommen die Verselbständigung<br />

der Wirtschaft. In dieser Verselbständigung der Wirtschaft<br />

liegt das Zentrum der Modernisierung. Was dies heißt, möchte ich mit wenigen<br />

Stichworten umreißen.<br />

Es sind vor allem drei Eigenschaften, die die Entstehung des Kapitalismus<br />

als Freisetzungsprozeß der Wirtschaft auszeichnen:<br />

(a) funktionale Differenzierung (die Trennung des Ökonomischen vom<br />

Politischen),<br />

(b) erweiterte Reproduktion (ununterbrochene Akkumulation),<br />

(c) die Auflösung von vorgef<strong>und</strong>enen Weltbildern <strong>und</strong> Gemeinschaftsstrukturen.<br />

(a) Der Kapitalismus unterscheidet sich dadurch von allen vorangegangenen<br />

Formen der Produktion, daß in ihm ökonomische Funktionen ausdifferenziert<br />

werden. Die Abspaltung wirtschaftlicher Tätigkeiten von politischen<br />

bildet das Muster für die von der soziologischen Systemtheorie thematisierten<br />

Prozesse funktionaler Differenzierung. In der Tradition des Marxismus<br />

wird die Ausdifferenzierung der Wirtschaft unter dem Titel: Trennung der<br />

Bereiche von Politik <strong>und</strong> Ökonomie behandelt. Erst mit dieser Trennung<br />

gibt es so etwas wie die Wirtschaft; die Wirtschaft nicht verstanden als<br />

materielle Produktion, sondern als Sphäre des „Handels" (trade) oder des<br />

Gelderwerbs. Die sich herausbildende Gesellschaft des freien Erwerbs ist<br />

auch in dem Sinne frei, daß wirtschaftliche Tätigkeiten nicht mehr mit der<br />

Erledigung politischer Aufgaben vermengt werden, wie dies in traditionalen<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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