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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Alles in allem: statt des Kampfes für alternative Rationalisierung also<br />

Kampf um die angemessene Beteiligung an betrieblicher Rationalisierung<br />

<strong>und</strong> die systematische Einbeziehung von Beschäftigteninteressen in die betrieblichen<br />

Modernisierungsstrategien. Ein politisches Programm, welches<br />

Modernisierung über ihre einzelwirtschaftliche, betriebliche Borniertheit<br />

hinaustreiben will, könnte an diesen Belegschaftsforderungen anknüpfen.<br />

XI<br />

Die neuen Produktionskonzepte markieren — wie gesagt — in unserem Verständnis<br />

den wahrscheinlichen Entwicklungspfad allein der industriellen<br />

Kernsektoren. Sie sind ein wichtiger Bestandteil von deren Versuch, den<br />

Kopf aus der Schlinge der Krise zu ziehen <strong>und</strong> im nationalen wie internationalen<br />

Wettbewerb den Boden unter den Füßen zu halten oder wiederzubekommen.<br />

Am anderen Pol stehen die krisenhaften Branchen, die heute<br />

kaum noch eine Perspektive haben <strong>und</strong> in denen es ums nackte ökonomische<br />

Überleben geht. Vor allem also die Werften, die Stahlindustrie, der<br />

Bergbau. In diesen industriellen Krisensektoren ist wenig Platz für die Idee<br />

neuer Produktionskonzepte: Ihr Überlebenskampf steht unter dem Zeichen<br />

der Kapazitätsvernichtung <strong>und</strong> der Auspowerung.<br />

Innerhalb der Arbeiterschaft spiegeln sich diese ökonomischen Strukturen<br />

in einer Verfestigung interner Grenzlinien wider. Für die innere Dynamik<br />

des sich herausbildenden Sozialgefüges scheinen uns vier Konstellationen<br />

<strong>und</strong> Gruppen von besonderer Bedeutung:<br />

Erste Gruppe: Die personellen Träger der neuen Produktionskonzepte:<br />

moderne Produktions-Facharbeiter, Instandhaltungsspezialisten; außerdem<br />

das ganze Feld derer, die allmählich in solche Positionen einrücken könnten.<br />

Sie sind die Rationalisierungsgewinner. Im Rationalisierungsprozeß ist<br />

ihr Verhalten das der Mitspieler, der Protagonisten der betrieblichen Umgestaltung;<br />

sie haben einen hohen betrieblichen Status <strong>und</strong> können für sich<br />

Gratifikationen reklamieren. Sie dürften aus dieser Entwicklung sogar mit<br />

Machtzugewinn herauskommen.<br />

Zweite Gruppe: Die Arbeiter auf den traditionellen Arbeitsplätzen in<br />

den Kernsektoren, die aber wegen persönlicher Merkmale — fortgeschrittenes<br />

Alter, keine polyvalenten Qualifikationen — für einen Arbeitseinsatz<br />

nach dem neuen Produktionskonzept den Betrieben nicht attraktiv erscheinen.<br />

Ihr Verhalten im Rationalisierungsprozeß dürfte das der Rationalisierungsdulder<br />

sein. Sie sind zwar überwiegend durch Tarifvertrag <strong>und</strong> Betriebsvereinbarung<br />

vor dem Schlimmsten geschützt. Doch ist ihre Interessenwahrnehmung<br />

gehemmt, weil für sie allemal die Gefahr besteht, ausgefiltert<br />

zu werden. Die Kämpfe bei Talbot 1983 zeigen die Brisanz, die dann<br />

entsteht, wenn die Beschäftigteninteressen dieser Gruppe betrieblich nicht<br />

mehr eingelöst werden <strong>und</strong> sie dadurch ganz auf die Verliererstraße geraten.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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