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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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hierarchischer Kontrolle erwähnt werden, die es in unseren Bildungseinrichtungen<br />

— insbesondere natürlich an den Universitäten — gibt.<br />

Wiederum muß registriert werden, daß das subjektive Selbst- <strong>und</strong> Situationsbild<br />

von Schülern <strong>und</strong> Studenten diesen Punkt vielfach ausklammert.<br />

Vergleicht man das Ausmaß <strong>und</strong> den Charakter hierarchischer Kontrolle<br />

in Bildungseinrichtungen <strong>und</strong> in der Arbeitswelt, so wird man aber eklatante<br />

Unterschiede finden, die sich allein schon aus dem zahlenmäßigen<br />

Verhältnis zwischen Aufsichtsträgern <strong>und</strong> Aufsichtsunterworfenen ableiten.<br />

Außerdem ist aber insbesondere in der Universität der auf Anweisungs<strong>und</strong><br />

Disziplinierungsfunktionen entfallende Anteil im Zeitbudget der Dozenten<br />

fast gleich Null, während er im Zeitbudget von Vorgesetzten eine<br />

beträchtliche Rolle spielt. Und letztlich steht Lehrern <strong>und</strong> Dozenten natürlich<br />

nur ein winziger Bruchteil derjenigen Anweisungs- <strong>und</strong> Disziplinierungsmittel<br />

<strong>und</strong> -kompetenzen zur Verfügung, die sich in Wirtschafts- oder Behördenbetrieben<br />

in den Händen von Vorgesetzten finden. Auch hier also<br />

wiederum: Weitgehende Angewiesenheit des einzelnen auf sich selbst, d.h.<br />

auf seine eigene Motivationslage <strong>und</strong> moralische Kompetenz in Verbindung<br />

mit den Einflüssen, die von gleichaltrigen Kohortenmitgliedern ausgehen.<br />

Ein letzter Punkt, der im Rahmen der vierten Hypothesengruppe zu erwähnen<br />

ist, betrifft die relativ große Freisetzung zu selbstgewählten, unmittelbar<br />

auf Selbstthematisierung, Selbstdarstellung <strong>und</strong> Selbstverwirklichung,<br />

abstellenden <strong>und</strong> der freien Disposition unterliegenden Tätigkeiten, die<br />

Schülern <strong>und</strong> Studenten zumindest in unseren Bildungseinrichtungen gewährt<br />

ist. Auch hier mögen Schüler <strong>und</strong> Studenten subjektiv einen anderen<br />

Eindruck haben. Immerhin gehört es aber zu den überraschenden Ergebnissen<br />

der Konstanzer Forschungsgruppe Hochschulsozialisation, festgestellt<br />

zu haben, daß bei den untersuchten Studenten bis in die Vorexamenssemester<br />

hinein eine ausgeprägte „Freizeitorientierung eine dominierende<br />

Rolle" spielte. An diese eine Feststellung läßt sich die weitere anschließen,<br />

13<br />

daß Schüler <strong>und</strong> Studenten bei starker finanzieller Abhängigkeit von der<br />

Verantwortung für die Sicherstellung ihrer eigenen materiellen Existenz <strong>und</strong><br />

der Bedürfnisse anderer Menschen weitgehend freigesetzt sind. Man mag<br />

Anlaß sehen, diesen Punkt gesondert zu betrachten <strong>und</strong> mit besonderen Bedeutungsakzenten<br />

zu versehen, <strong>und</strong> man kommt dann zu dem bekannten<br />

Postadoleszenz-Theorem von Keniston. 14<br />

IV.<br />

Ich möchte meine Hypothesenliste für den Augenblick abschließen <strong>und</strong> will<br />

zu einigen Ergänzungen <strong>und</strong> Kommentaren übergehen.<br />

Es wird sich dabei zunächst darum handeln müssen, auf die unbezweifelbaren,<br />

oft mit Händen zu greifenden Unterschiede zwischen Schülern<br />

<strong>und</strong> Studenten verschiedener Schultypen <strong>und</strong> Fachrichtungen hinzuweisen,<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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