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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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noch gar keine alternative Erklärung ausgeschlossen, gemäß der X nicht Anteil<br />

eines Explanans für das Explanandum Y ist. Wir sind bei einer Felduntersuchung<br />

angelangt, in der n Variablen in einer Zufallsstichprobe registriert<br />

werden. Man müßte eine Theorie haben, die Beziehungen zwischen allen<br />

diesen empirischen Variablen zeitlich an einem Ort <strong>und</strong> räumlich an verschiedenen<br />

Orten erklären kann, <strong>und</strong> man könnte dennoch nicht alternative<br />

Erklärungen ausschließen. Eine Panel-Studie besteht aus Wiederholungen einer<br />

„multiple static-group comparison"; aus solchen Repetitionen entsteht<br />

kein Quasi-Experiment, geschweige denn ein Experiment.<br />

In einem Experiment, ob im Labor oder im Feld, wird der konkrete Anteil<br />

des Explanans hergestellt <strong>und</strong> planmäßig, der Hypothese folgend, variiert,<br />

<strong>und</strong> konkrete Randbedingungen werden konstant gehalten <strong>und</strong>/oder<br />

zufallig variiert. Übrigens liegt psychologische, besonders sozialpsychologische,<br />

experimentelle Forschung im Argen, wenn sie einerseits inner-personale<br />

Merkmale variiert, indem Versuchspersonen per Zufall den Bedingungs-<br />

Variationen eines Experimentes zugeordnet werden (Fehlervarianz), wenn<br />

sie aber andererseits ökologische Bedingungen konstant hält, ohne dieses<br />

durch die im Explanans enthaltene Hypothese begründen zu können.<br />

Der Typ der Forschungsprogramme, gemäß dem theorieorientierte<br />

(„quasiparadigmatische") Forschung betrieben wird, verlangt fast ohne<br />

Ausnahme nach der Methode des Experimentes. (Eine Ausnahme kann<br />

die Computer-Simulation eines Experimentes sein.) Noch einmal: Aus<br />

einer nomologischen Theorie können beliebig viele Hypothesen abgeleitet<br />

werden. Im Prinzip lassen sich Hypothesen folgern, für die die von ihnen<br />

geforderten Variationen konkreter Anfangsbedingungen als Teil des<br />

Explanans hergestellt <strong>und</strong> systematisch variiert werden können. Im Prinzip<br />

ist jede empirische Prüfung der Erklärungskraft einer Theorie dem Experiment<br />

zugänglich, einer soziologischen Theorie ebenso wie einer psychologischen<br />

Theorie. Man muß sich nur über eines klar sein: Der Aufwand für<br />

multifaktorielle Experimente mit mehr als einer unabhängigen <strong>und</strong> mehr als<br />

einer abhängigen Variablen ist ganz sicher in den Sozialwissenschaften höher<br />

als in den Verhaltenswissenschaften. Hinzu tritt der Aufwand der<br />

nicht mehr intuitiven, 'know-how'-Operationalisierungen der Meßinstrumente:<br />

Es ist das Risiko zu vermindern, daß eine empirische Untersuchung,<br />

statt die Theorie zu falsifizieren, die Korrespondenzregeln <strong>und</strong> folgend die<br />

Operationalisierungen als nicht valide <strong>und</strong>/oder nicht reliabel falsifizieren<br />

kann. Verhaltens- <strong>und</strong> sozialwissenschaftliche Forschung vom Typ: 'Suche<br />

für ein konstantes Explanans variierende Explananda' ist wesentlich teurer,<br />

wenn sie experimentell statt gemäß „multiple static-group comparison" betrieben<br />

wird. Sie wird sich dem finanziellen Aufwand naturwissenschaftlicher<br />

<strong>und</strong> ingenieurtechnologischer Forschung annähern <strong>und</strong> ihn nicht selten<br />

übertreffen. Der 'Königsweg' empirischer Sozialforschung durch Interviews<br />

oder die korrelative Felderhebung ist billig, aber nicht deshalb auch<br />

nur angemessen, geschweige denn königlich. Das Vakuum von z.B. soziologischen,<br />

politikwissenschaftlichen <strong>und</strong> ökonomischen Experimenten könnte<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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