07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

EXPERIMENTAL—PLÄNE IN SOZIALWISSENSCHAFTLICHER<br />

FORSCHUNG<br />

Martin Irle<br />

Manche Experimentatoren in verhaltenswissenschaftlicher Forschung haben<br />

es nicht begriffen: Die experimentelle Methode ist die optimale Operationalisierung<br />

des deduktiven Erklärungsmodelles. In diesem Modell besteht das<br />

Explanans strikt aus einer Gesetzesaussage, etwas 'liberaler' aus einer Hypothese,<br />

die aus einer nomologischen Theorie gefolgert wird, <strong>und</strong> aus der Beschreibung<br />

einer konkreten Anfangsbedingung. Diese Anfangsbedingung<br />

muß eine quantitative Variation ihrer Qualität sein; sie kann konstante<br />

Randbedingungen enthalten. Die bezogene Theorie mag in sich logisch<br />

nicht absolut widerspruchslos sein; sie mag partiell tautologisch sein, sie<br />

mag in Gänze — unerkannt — durch eine andere Theorie erklärbar sein.<br />

Auch dann finden wir eine Hypothese — u.U. sogar als einen isolierten<br />

Einzelfall, (noch) nicht auf eine Theorie rückführbar —, die erklärt, warum<br />

ein konkreter Vorgang oder ein konkretes Objekt, als Einzelfall beschreibbar,<br />

ein anderes ebenso beschreibbares Ereignis an demselben Ort<br />

in Zeit <strong>und</strong> Raum herbeiführt: das Explanandum. Die Erklärung ist identisch<br />

mit einer Prognose in einem geschlossenen System. Wenn X hergestellt<br />

. wird oder wie immer eintrifft, dann wird auch Y auftreten. In den<br />

Verhaltens- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften können im strikten Sinne geschlossene<br />

Systeme nur sehr selten hergestellt werden. Trotz vieler praktischer<br />

Defizite folgt die experimentelle Methode diesem deduktiven Erklärungsmodell.<br />

Was haben manche Experimentatoren nicht begriffen? Sie haben das<br />

Laboratorium nicht begriffen. Ein Laboratorium ist das Gehäuse von mindestens<br />

partiell neu geschaffenen (Mikro-)Welten. Gemäß Folgerung aus einer<br />

Theorie werden konkrete Anfangsbedingungen hergestellt, die u.U.<br />

raumzeitlich erstmals eintreffen. Sie sind „künstlich", als sie erst- <strong>und</strong>/vielleicht<br />

einmalig sind. Damit sind sie nicht irreal; sie sind empirische Realität,<br />

<strong>und</strong> ebenso sind es die erklärten, prognostizierten, konkreten Konsequenzen.<br />

Auf vorhandene empirische Realitäten kann man nur schließen,<br />

wenn dort dieselben konkreten Anfangs- <strong>und</strong> Randbedingungen herrschen<br />

wie im Labor; denn die Hypothese als Folgerung aus einer Theorie erklärt<br />

den Zusammenhang je konkreter Ereignisse. Sie löst einen problematischen<br />

Sachverhalt auf. Verallgemeinerungen im Sinne induktiver Schlüsse sind logisch<br />

nicht erlaubt; es gibt keine Logik, die induktive Schlüsse begründet.<br />

Die Ergebnisse eines Experimentes, <strong>und</strong> seien sie noch so „natürlich", erlauben<br />

nichts anderes, als das Vertrauen in die Erklärungskraft einer Theorie<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!