07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die skizzierte Problematik hat weit darüber hinausreichende Implikationen,<br />

die hier zu entfalten unmöglich ist. Es kommt mir an dieser Stelle<br />

nur darauf an, deutlich zu machen, daß die überall zu beobachtenden Arrangements<br />

zur Kontrolle des individuellen Erlebens nicht unbedingt zynisch<br />

inszenierte Taktik sind, sondern auf schwer hintergehbare Probleme<br />

solcher Gruppen verweisen: an erwartbare, insofern objektivierte Erlebnisse<br />

<strong>und</strong> zugleich an ja nur individuell ratifizierbare Erlebnisse appellieren zu<br />

können.<br />

Erst damit scheint ausreichend argumentativ vorbereitet, worum es hier<br />

geht: die Untersuchung des typischen Arrangements des Zugangs zu Weltanschauungsgruppen<br />

in Form von Konversionen als eines aus strukturellen<br />

Gründen hervorgehenden Kontrollmechanismus individuellen Erlebens.<br />

4. Aus strukturellen Gründen als funktional behauptete Mechanismen müssen<br />

zunächst in ihrem typologisch verdichteten Ablauf analysiert werden.<br />

Dazu finden sich in der einschlägigen Literatur mehrere Konversionsmodelle,<br />

die — da sie an Einzelfällen abgelesen sind — mehr oder weniger voneinander<br />

abweichen. Bei ihrem Vergleich drängt sich der Eindruck auf, daß<br />

es dabei auch nicht so sehr auf ganz bestimmte Ereignisse <strong>und</strong> deren exakte<br />

Reihenfolge ankommt. Daher will ich diese Modelle hier auch gar nicht erst<br />

referieren, so brauchbar sie unter Umständen für bestimmte Zwecke sein<br />

können. Stattdessen will ich sogleich auf das Urmodell der Konversion zu<br />

7<br />

sprechen kommen, mit dessen wesentlichen Aspekten übrigens die modernen<br />

Modelle durchaus übereinstimmen. Dieses Urmodell ist natürlich die<br />

Bekehrung des Saulus zum Paulus; es findet sich im 9. Kapitel der Apostelgeschichte<br />

des NT. Eine wirkliche Analyse der Apostelgeschichte kann hier<br />

natürlich nicht einmal in Umrissen versucht werden, so faszinierend deren<br />

Lektüre bei der Untersuchung typischer Problemlagen eines sich neu etablierenden<br />

Bekenntnisses ist. Ich werde daher nur drei mir wesentlich erscheinende<br />

Aspekte hervorheben, die in diesem Modell auf einzigartige<br />

Weise miteinander verwoben sind.<br />

Ich setze als bekannt voraus, daß Saulus eine Art Kopfjäger auf Christusanhänger<br />

im Dienst des Jerusalemer Tempels war <strong>und</strong> daß in der Geschichte<br />

beschrieben wird, auf welche Weise er zu einem der erfolgreichsten<br />

Prediger für die christliche Gemeinde wurde.<br />

Die drei genannten Aspekte der Geschichte, die hier interessieren, weil<br />

sie in offenbar klassischer Weise die Konversationssituation ausdrücken,<br />

sind diese:<br />

— eine emotionale, ja existentielle Erschütterung, in diesem Fall auf typisch<br />

biblische Weise herbeigeführt durch Lichtblitz, Stimmen, Erblindung;<br />

— die Deutung dieser Erschütterung als direkte Berufung durch Gott selbst<br />

in das Apostelamt durch einen Mittler, der bereits der christlichen Gemeinde<br />

zugehört;<br />

— <strong>und</strong> schließlich die Überwindung des Mißtrauens gegen den Konvertiten<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!