07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

am Ende als schlichte Biographen von Rationalisierungsverläufen dastehen<br />

— noch dazu von einer Phase, deren Spezifik gerade darin liegt, daß die für<br />

sie charakteristischen Konzepte bald auf dem Schrottplatz der Rationalisierungsgeschichte<br />

abgelegt sein könnten. Das war der in der Sache liegende<br />

Zwang zur Antizipation, zur Prédiction im Sinne Horkheimers, zur historischen<br />

Voraussage also, dem wir uns ausgesetzt sahen. Wie aber kann man<br />

sich angesichts der schon deutlich gewordenen Schwierigkeiten darauf<br />

einlassen?<br />

II<br />

Gewiß, ungelöste Probleme gibt es zuhauf, aber auch manche brauchbaren<br />

Anknüpfungspunkte <strong>und</strong> viel verwertbares Wissen. Es bestehen u.E. gute<br />

Gründe, in folgenden Überlegungen Bausteine einer Antizipation von Rationalisierung<br />

zu suchen:<br />

a) Die Logik kapitalistischer Rationalisierung (Bemühung um die höhere<br />

Ergiebigkeit der lebendigen Arbeit mit dem Ziel besserer Kapitalverwertung)<br />

realisiert sich entsprechend den spezifischen markt- <strong>und</strong> produktionsökonomischen<br />

Bedingungen in konkreten, typisierbaren Formen der Rationalisierung.<br />

Mit einer Veränderung der Rationalisierungsformen ist dann zu<br />

rechnen, wenn veränderte Verwertungsbedingungen oder auch nur Interpretationen<br />

die Suche nach adäquateren Produktionskonzepten stimulieren.<br />

Die Verwertungsprämisse drängt dann nach neuen Einlösungen. Offenbar<br />

befinden wir uns gegenwärtig in einer solchen U<strong>mb</strong>ruchsituation.<br />

b) Alle bisher bekannten Formen kapitalistischer Rationalisierung suchten<br />

eine Einlösung der Verwertungsprämisse entlang folgender Linien: Lebendige<br />

Arbeit wurde als zu überwindende Schranke der Produktion verstanden,<br />

das Residuum lebendiger Arbeit als potentieller Störfaktor. Die markt<strong>und</strong><br />

produktionsökonomischen Bedingungen bewirkten Differenzierungen<br />

nur auf den durch diese Linien definierten Bahnen. Wir sehen aber keine<br />

theoretische Notwendigkeit für die Schlußfolgerung, kapitalistische Rationalisierung<br />

müsse sich ad infinitum auf diesen Bahnen bewegen. Hier liegt<br />

auch ein empirisches, theoretisch für uns nicht vorab entscheidbares Problem.<br />

c) Gegenüber empirisch begründeten Zukunftsaussagen muß immer ein<br />

Wahrheitsvorbehalt aufrechterhalten werden; über ihre letztendliche Richtigkeit<br />

kann nur die geschichtliche Entwicklung selbst entscheiden. Ob also<br />

die aktuelle U<strong>mb</strong>ruchsituation so radikal ist, daß die Rationalisierungsformen<br />

aus den bisherigen Bahnen herausgehoben werden oder nicht, wird sich<br />

mit unseren empirischen Recherchen heute nicht definitiv feststellen lassen.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!