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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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EINLEITUNG<br />

Bernhard Giesen<br />

Das Thema dieses Soziologentages rahmt nicht nur Versuche zur empirischen<br />

Auslotung sozialer Wandlungstrends, sondern es begünstigt auch das<br />

— dem Empiriker eher verdächtigte — Augurengeschäft der Gesellschaftstheorie,<br />

die sich mit der Frage nach der strukturellen Kontinuität oder Diskontinuität<br />

der Moderne beschäftigt. Die große Gesellschaftstheorie der<br />

Klassiker war immer auch eine Theorie der Moderne, die die zwiespältige<br />

Zukunft dieser Gesellschaft im Auge hatte. Mit den gesellschaftstheoretischen<br />

Entwürfen <strong>und</strong> Diagnosen der Klassiker ist jedem Versuch zu sozialer<br />

Zeitdiagnose ein paradigmatischer Ausgangspunkt <strong>und</strong> Blickwinkel vorgegeben,<br />

dem empirische Analysen <strong>und</strong> Rezeptionen zeitgenössischer Prozesse<br />

sozialen Wandels nur schwerlich entrinnen können. Solche Analysen<br />

erhalten ihr besonderes Gewicht durch ein alltägliches Krisenbewußtsein,<br />

das das Ende des „Projektes der Moderne", zumindest aber einen Bruch<br />

seiner Kontinuität <strong>und</strong> ein Schwinden der daran geknüpften Hoffnungen<br />

anzukündigen scheinen. Damit rückt in den Mittelpunkt dieser Veranstaltung<br />

die Frage, ob die modernitätskritische Stoßrichtung neuer sozialer<br />

Bewegungen, die alltägliche Zukunftsangst <strong>und</strong> strukturelle Brüche auf dem<br />

Wege zur postmodernen Gesellschaft eine Revision oder Relativierung der<br />

klassischen Thesen zur Moderne erfordern oder ob sich alles dies im Rahmen<br />

eines weiterentwickelten <strong>und</strong> fortgeschriebenen Modernitätskonzepts<br />

einordnen <strong>und</strong> klären läßt. Daß die genannten <strong>gesellschaftliche</strong>n Entwicklungen<br />

die analytische Kapazität der Gesellschaftstheorie Webers oder<br />

Marxens herausfordern, darüber besteht kaum Zweifel. Ob die bei den<br />

Klassikern vorgesehenen Muster zur Diagnose von Geburtswehen <strong>und</strong> Krisen<br />

der modernen Gesellschaft hierzu ausreichen, oder ob die postmoderne<br />

Gesellschaft auch eine radikale Revision jener klassischen Annahmen über<br />

Rationalisierung, Differenzierung <strong>und</strong> Individualisierung erfordern, dies läßt<br />

sich durchaus in Frage stellen.<br />

Die erste Gruppe von Beiträgen zu dieser Veranstaltung geht von einer<br />

gewissen Kontinuität f<strong>und</strong>amentaler Prinzipien der Moderne aus <strong>und</strong> sieht<br />

keinen Anlaß <strong>und</strong> wohl auch keine Möglichkeit, außerhalb des Bezugsrahmens<br />

der Moderne einen soziologischen Standpunkt zur Analyse aktueller<br />

sozialer Entwicklungstendenzen zu finden. Der düsteren Krisenperspektive<br />

des Alltagsbewußtseins steht hier das Beharren auf der Kontinuität der Moderne<br />

gegenüber, die bei aller Widersprüchlichkeit <strong>und</strong> Verschiedenartigkeit<br />

doch keinen f<strong>und</strong>amentalen Bruch ihrer Dynamik zeigt. Dies wird vor allem<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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