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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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zumeist vor nicht allzu langer Zeit ihren 50sten Geburtstag gefeiert hatten,<br />

stehen einige h<strong>und</strong>ert 40jährige <strong>und</strong> einige tausend 30jährige gegenüber.<br />

Und in den Universitäten drängen sich gegenwärtig, gewissermaßen als Kinder<br />

in wissenschaftlich noch unmündigem Alter, weit über 20.000 Hauptfachstudenten.<br />

Ich glaube nicht, daß es noch eine andere Disziplin mit so extremen<br />

Generationsrelationen gibt, aufgr<strong>und</strong> derer in der Soziologie gegenwärtig<br />

etwa vier- bis fünfmal soviel Studierende wie aktiv Berufstätige gezählt werden<br />

<strong>und</strong> in den nächsten Jahren, kommt es nicht zu einer dramatischen Abkehr<br />

vom Soziologiestudium, auf jeden Pensionierungs- oder Emeritierungsfall<br />

mehrere h<strong>und</strong>ert Studienanfänger treffen werden.<br />

2. Diese Soziologengenerationen befinden sich gegenwärtig in ganz unterschiedlichen<br />

beruflichen Situationen:<br />

Die 50jährigen haben wohl alle auf die eine oder andere Weise reüssiert.<br />

Sie haben die prestigereichsten Lehrstühle des Faches inne <strong>und</strong> konnten<br />

sich noch die meisten Fußnotenprivilegien <strong>und</strong> sonstigen fringe benefits<br />

der alten Ordinarienuniversität sichern.<br />

Die 40jährigen halten ihrerseits den Kernbestand der Positionen besetzt,<br />

auf denen institutionelle Stabilität <strong>und</strong> Kontinuität einer Wissenschaftsdisziplin<br />

beruhen: als Lebenszeitprofessoren an den Hochschulen<br />

oder mit vergleichbaren Stellungen in der Forschung bzw. in den wissenschaftsbezogenen<br />

Teilen der <strong>gesellschaftliche</strong>n Praxis. Ihre berufliche Lage<br />

ist vielleicht nicht immer so günstig wie die der 50jährigen, aber doch, vor<br />

allem als Folge der massiven Expansion soziologischer Lehre zwischen den<br />

späten 60er <strong>und</strong> den späten 70er Jahren, alles in allem sehr komfortabel.<br />

Ganz anders sieht die Lage bei der großen Mehrzahl der 30jährigen aus.<br />

Wenngleich mir hierfür keine umfassenden <strong>und</strong> zuverlässigen Daten vorliegen,<br />

scheint mir doch außer Frage zu stehen, daß allenfalls eine Minderheit<br />

von ihnen eine auskömmliche Beschäftigung mit dauerhafter Perspektive<br />

gef<strong>und</strong>en hat. Befristete Arbeitsverträge, nicht selten mit explizitem Ausschluß<br />

von Weiterbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber, intermittierende<br />

Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> vielfältige Formen von Selbstausbeutung sind die<br />

typischen Merkmale der aktuellen beruflichen Situation dieser Generation.<br />

3. Diese Differenzen sind nicht einfach Ausdruck unterschiedlicher biographischer<br />

Stationen, die von allen Generationen nacheinander durchlaufen<br />

werden müssen. Sie lassen sich auch nicht bloß als eine Extremform<br />

von intergenerationeller Chancenungleichheit interpretieren, die es als solche<br />

immer wieder gegeben hat. In diesen Differenzen schlagen sich vielmehr<br />

auch tiefgreifende Brüche in Karrieremuster <strong>und</strong> Karriereperspektiven<br />

von Soziologen nieder:<br />

Für die Mehrzahl der 50jährigen war die Entscheidung für Soziologie<br />

als Beruf sicherlich keine bequeme <strong>und</strong> selbstverständliche Entscheidung.<br />

Für viele bedeutete sie, Existenzbedingungen zu akzeptieren, wie sie traditionell<br />

mit den Begriffen des Privatgelehrten oder Privatdozenten assoziiert<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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