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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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tische Forschung zu stärken, ihre Unabhängigkeit zu sichern, <strong>und</strong> die Informationssysteme<br />

zu verbessern.<br />

Beck weist darauf hin, daß das Verhältnis von Bildungspolitik <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

nicht erst in jüngster Zeit, sondern seit den sechziger Jahren<br />

„seine Unschuld verloren hat". Die Verknüpfung von Bildungsprognosen<br />

<strong>und</strong> Bildungspolitik geht so weit, daß veröffentlichte Bildungsprognosen<br />

sich in ihrer Wirkung wechselseitig konterkarieren. Bildungsempfehlungen<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmarktbedarfsprognosen schließen sich wechselseitig aus. Bildung<br />

weist keine eindeutigen Chancen mehr zu, zugleich aber ist sie immer<br />

notwendiger geworden, um überhaupt noch verbliebene Chancen nutzen zu<br />

können. Einerseits wird die Forderung erhoben, den Berufsbezug der Bildung<br />

zu intensivieren, andererseits entkoppeln sich Bildung <strong>und</strong> Beschäftigungssystem<br />

zunehmend. Ob sinnvolle Prognosen heute noch möglich sind,<br />

scheint nach Lage der Dinge zweifelhaft.<br />

Teichler stimmt der Einschätzung zu, daß die klassische Rollenverteilung<br />

von Wissenschaft <strong>und</strong> Politik überholt ist, so daß sich die Bildungsforschung<br />

nach ihrer „Umsetzung in Bildungspolitik" auch nicht mehr<br />

als Sündenbock eignet. Die strikte Arbeitsteilung besteht nicht mehr<br />

durch die Professionalisierung der Politiker, durch die Existenz einer<br />

Gruppe von „Mittlern", durch die Forschungsapparate in Politik <strong>und</strong> Verwaltung.<br />

Was kann dann heute noch die Rolle von Bildungsprognosen <strong>und</strong> universitärer<br />

Bildungsforschung insgesamt sein? Ihr wächst paradoxerweise dadurch<br />

eine neue Aufgabe zu, daß die ausgebaute „Apparateforschung"<br />

zwar schnell <strong>und</strong> professionell die „Wunschzettel" der Politik abhakt, daß<br />

sie aber gerade dadurch die zu prüfenden Prämissen bereits vollständig vorab<br />

in ihre Untersuchungen aufgenommen hat. Der Hochschulforschung<br />

kann dadurch die Rolle eines „Obergutachters" zuwachsen.<br />

Die Frage ist allerdings, ob die akademische Soziologie diese Situation<br />

überhaupt sieht <strong>und</strong> bereit <strong>und</strong> in der Lage ist, die gegebenen Chancen zu<br />

nutzen. Ein neuer Dialog zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Ministerien ist jedenfalls<br />

fällig.<br />

Die Wirksamkeit von Bildungsprognosen ist jedoch nicht nur durch die<br />

zahlreichen schon genannten Faktoren in der Bildungsforschung <strong>und</strong> der<br />

Bildungspolitik beeinträchtigt worden, hinzuzufügen ist die Rolle der Gerichte.<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat im Prinzip den unbeschränkten<br />

Zugang zum Bildungssystem festgeschrieben <strong>und</strong> damit Planungsmöglichkeiten<br />

eingeschränkt. Soweit Zulassungsbeschränkungen noch durchgesetzt<br />

werden können, bedürfen sie einer wissenschaftlichen Untermauerung im<br />

Einzelfall. Hier liegt der zweifelhafte Wert der Korridor-Prognosen.<br />

Der neue Dialog zwischen Bildungsforschung <strong>und</strong> Bildungspolitik sollte<br />

nicht an den Apparaten vorbeigehen, sondern sie ergänzen <strong>und</strong> einbeziehen.<br />

Interessanter Gegenstand sind für die Bildungsforschung nicht die Zahlen,<br />

sondern die kritische Auseinandersetzung mit den Parametern der Modellannahmen.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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